"...Jungfisch-kaskade für ausreichende Sauerstoff-versorgung..." Peter Buchhauser
Wohl gibt es nichts reizvolleres in der Buntbarschpflege als deren Paarungsverhalten und die nachfolgende Brutpflege live mitzuerleben. Egal, ob maulbrütende Ostafrikaner, streitsüchtige Mittelamerikaner oder majestätisch ruhige Südamerikaner. Nach über 20 Jahren Aquaristik und fast ebenso langer Cichlidenhaltung habe ich immer wieder die Momente genossen, wenn meine Tiere in Gefangenschaft für Nachwuchs sorgten. Ob alte Bekannte oder aktuelle Neuheiten, immer wieder faszinierte es mich, deren Verhalten bei der Nachzucht zu beobachten.
Aber jeder Aquarianer kennt die Probleme, die ich jetzt nennen werde. Mit dem Beobachten und sei es noch so interessant, ist es wie mit der Suppe ohne Salz, wenn man die Jungfische nicht aufzieht und heranwachsen sieht. Ich habe alles kennengelernt und ausprobiert, sowohl die Aufzucht alleine mit den Eltern in einem speziellen Aufzuchtaquarium, die Aufzucht mit den Eltern zusammen mit anderen Buntbarschen, die separate Aufzucht der Jungtiere gleich nach dem Freischwimmen, etc. Ein Problem ist immer geblieben: Wohin mit all‘ den Jungfischen, um sie aufzuziehen. Der eine oder andere wird jetzt sagen, kein Problem, stellen wir eben noch ein Aquarium auf, es spielt ja keine Rolle mehr, ob noch eines mehr dasteht. Richtig, aber bei mittlerweile 12 Aquarien und berufsbedingter Abwesenheit immer wieder für ein bis mehrere Tage, artete dies in viel Arbeit und wenig Genuß aus. Nun habe ich eine ganz liebe, ebenfalls berufstätige Partnerin, welche mir in Mexiko auch die Tüten aufhielt, um meine gefangenen Cichliden einzupacken, welche mir bei Abwesenheit auch die Jungfischbecken absaugte, Artemia ansetzte und fütterte, etc. Aber irgendwo sind einfach Grenzen gezogen, dachte ich mir und mehr kann und wollte ich ihr einfach nicht zumuten. Man sollte sich das Ganze vor Augen halten, was es bedeutet, wenn nahezu permanent rund 500 Jungfische verschiedener Cichliden in unterschiedlicher Größe in diversen Aquarien schwimmen und wachsen wollen. Nun, ich hätte sie eben nicht aufziehen sollen, richtig. Verkaufen kann man die Tiere sowieso nur in Ausnahmefällen, zumindest die, welche ich in den letzten 10 Jahren überwiegend pflegte.
Als technikvernarrter Aquarianer und heimlicher Bastler kam ich auf eine simple, aber irgendwie doch geniale Idee, die sich in der Praxis als äußerst erfolgreich bewährt hat. Die bisherigen Schwierigkeiten, daß Jungtiere bei einer gewissen Größe aufgrund bestimmter Bakterien oder Darmparasiten (z. B. Cichl. festae) oder sonstiger Krankheitserreger reihenweise eingingen, war plötzlich kein Thema mehr. Zu viel gegebenes Futter, hohe Nitritwerte und an der Oberfläche taumelnde Jungfische, diese Zeiten waren endgültig vorbei. Zu langsames Wachstum hatte ich nun nicht mehr. Warum? Ich baute mir aus Abfallfensterglas (!) eine sogenannte Jungfischkaskade zur Aufzucht vieler verschiedener Buntbarsche. Beschreiben läßt sich dieses Ding, was alles andere als ein Wundermittel sein soll, ganz einfach. Die Angaben, die ich nun mache, sind alles andere als verbindlich, aber viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Angeschlossen an ein möglichst großes, nicht allzu stark besetztes Aquarium wird die Jungfischkaskade. Es lassen sich sicherlich etliche Alternativen schaffen, doch das Grundprinzip ist längst bekannt und immer das Gleiche. Wasser aus einem großvolumigen Behälter fließt langsam, aber kontinuierlich durch einen in mehrere Kammern getrennten kleinen Behälter. Ich realisierte die gedachte Anlage folgendermaßen: Über einem Aquarium mit den Maßen 150 x 50 x 50 cm befindet sich ein Aquarium mit den Maßen 140 x 20 x 25 cm, mittels verklebter Trennscheiben unterteilt in 6 einzelne Kammern. Alle Trennscheiben besitzen unterschiedliche Höhen und fallen von rechts nach links um jeweils 5 mm ab. Oberhalb der Trennscheiben sind dünne Streifen aus grobporigem blauen Filterschaum eingeklemmt, damit die Jungfische nicht von einer Kammer in die links davon liegende geschwemmt werden. Mittels einer Tauchpumpe, welche sich in der Klarwasserkammer des Filters des darunterliegenden Beckens befindet, wird permanent Wasser nach oben in die rechte Kammer gepumpt. Das Wasser durchläuft die ganz rechte Kammer, läuft über die Trennscheibe zur Kammer weiter links und so fort. So weit, bis es die letzte Kammer erreicht hat. Diese besitzt eine Bohrung in der linken Seiten(=Außen-)scheibe der Jungfischkaskade, welche sich vom Niveau her rund 2 cm unterhalb der Oberkante der Trennscheibe befindet. Über diese Bohrung und das angeschlossene Fallrohr läuft das Wasser wieder in die erste Filterkammer des darunterliegenden Aquariums. Das Fallrohr ist mit einem engmaschigen Ansaugkorb versehen, damit kein Jungfisch nach unten gelangen kann. Natürlich muß das darunterliegende Becken keinen Mehrkammerfilter besitzen wie beschrieben, die Pumpe kann sich auch direkt im Aquarium befinden, allerdings sollte sie dann ebenfalls einen Ansaugkorb besitzen, um zu vermeiden, daß z. B. Pflanzenteile oder sonstiges Material den Pumpenzulauf verstopfen. Beachten sollte man, daß die Pumpe über eine ausreichende Leistung verfügt, denn sie muß, je nach zu überwindender Höhendifferenz schon mal 60- 80 cm Wassersäule überwinden und sollte dann noch genügend Wasser fördern. Sinnvoll erscheinen mir die 1,5- bis 2,5-fache Menge des Inhalts der Jungfischkaskade für ausreichende Sauerstoffversorgung und gutes Wachstum der Fische. Die Sauerstoffversorgung wird bei mir unterstützt durch einen in die rechte Kammer eingebrachten Sprudlerstein, der dank des Überlaufprinzips alle Kammern versorgt, allerdings mit nach links fallender Sauerstoffzufuhr, da jede Kammer mit ihren Jungfischen für entsprechenden Verbrauch sorgt.
Die Jungfischkaskade ist wirklich primitiv aufgebaut, braucht keinerlei Heizung, da sie vom darunterliegenden Aquarium geheizt wird und ist wasserboiologisch gesehen sehr stabil dank des Gesamtvolumens von rund 350 Liter Wasser netto. Meine Jungfischkaskade ist manchmal besetzt mit 300-500 Cichliden, welche sich bester Gesundheit und schnellen Wachstums erfreuen.
Fortsetzung folgt
(Wasserwechsel bei 12 Aquarien in 30 Minuten, während man bequem auf der Couch sitzt)
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© Peter Buchhauser