Der beliebteste Mittelamerikaner: Der Quetzalbuntbarsch (Vieja synspila) (DCG-Information, 06/2000)

"...Vieja in den 80er Jahren als Paradies-vögel?..."Peter Buchhauser

Aquaristisch gesehen ist es recht ruhig geworden um die Cichliden der Gattung Vieja, welche in den 80 er Jahren als ?Paradiesvögel? sich großer Beliebtheit erfreuten. Paradiesvögel deshalb, weil die einzelnen Arten dieser Gattung mit den prächtigsten Farbtönen als erwachsene Tiere aufwarten und zudem der bekannteste dieser Gattung, Vieja synspila mit der Populärbezeichnung ?Quetzalbuntbarsch? zunächst in den USA und dann in Europa bekannt wurde. Der Quetzal ist ein selten gewordener Vogel mit einem bunten, rot-blau-grünen Gefieder, welcher vor allem in Guatemala und Belize vorkommt. Aus der Analogie der Färbung und des teilweise sich überdeckenden Vorkommensgebietes entstand dieser Ausdruck für diese Cichliden.

Werden die einzelnen Vieja-Arten durchweg mehr als 30 cm, in Ausnahmefällen und entsprechend großen Aquarien auch über 40 cm lang, so verwundert es nicht, daß die Mehrheit dieser Cichliden alsbald wieder in Vergessenheit geriet und aquaristisch vom Aussterben bedroht ist. Zudem lassen sich die relativ friedlichen Großcichliden so gut wie nicht zusammen mit Pflanzen halten, da sie diese vegetarische Kost zum Fressen gern haben. Nur einzelne harte Pflanzenarten widerstehen deren Gefräßigkeit und haben spätestens dann das Nachsehen, wenn die Cichliden ablaichen wollen. Dann stellen sie meist die komplette Aquarieneinrichtung auf den Kopf und gestalten selbst, was ihnen lieb ist. Andererseits bestechen diese Cichlidenarten durch ihre Farbenpracht, lassen Pflanzen zur unbedeutenden Nebensache werden und faszinieren immer wieder aufs Neue.

Der Quetzalbuntbarsch konnte sich aufgrund seiner überaus plakativen Färbung und seines friedlichen Verhaltens als beliebtester Vieja und wohl als beliebtester mittelamerikanischer Buntbarsch bis heute in unseren Aquarien halten und fest etablieren. Nah verwandte Arten, welche dem Quetzalbuntbarsch an Farbenpracht in nichts nachstehen, wie z.B. V. fenestrata, V. hartwegi, V. spec. ?Coatzacoalcos?, etc. sind längst wieder aus dem Handel verschwunden und tauchen nur vereinzelt bei Liebhabern auf.
Eigentlich ein bißchen verwunderlich, denn dem bunten und ruhigen V. synspila wird nachgesagt, daß er sich mitunter recht schwer vermehren läßt. Trotzdem besteht keine Gefahr, daß die Tiere bei uns aussterben. Die recht robusten, schnellwüchsigen Jungfische bereiten keinerlei Probleme bei der Aufzucht. Eher die Paarfindung heranwachsender Exemplare kostet dem Liebhaber Nerven. Während sich bei den verwandten und weniger bekannten Arten die laichbereiten Paare leichter finden und die Zucht wohl einfacher gelingt, ist die Vergesellschaftung bei V. synspila weitaus schwieriger und oft enden solche Paarzusammenstellungen mit sehr aggressiven Auseinandersetzungen oder gar toten unterlegenen Partnern, wobei artfremde Tiere meist unbehelligt geduldet werden.
Zudem machte ich die Erfahrung, daß halbwüchsige V. synspila am ehesten zur Zucht verpaart werden können. Eine geplante Zusammenführung mit erwachsenen Tieren ist nur sehr selten möglich und auch alte, aneinander gewohnte Paare zeigen nur noch eine sehr geringe Laichneigung, obwohl diese dann meist im friedlichen Zusammenleben bis ins hohe Alter verpaart bleiben. Anders dagegen die verwandten Arten aus dieser Gattung.

Meist hilft es nur, aus einem Schwarm (mind. 6 Tiere) heranwachsender Jungtiere sich ein Paar selbst finden zu lassen und dann eine der empfohlenen Vorgehensweisen weiter zu verfolgen:

  1. Duldet das sich gebildete Paar die verbliebenen unverpaarten Tiere und laicht ab, lassen wir diese im Becken, anderenfalls streiten sich die Partner untereinander und das meist schwächere weibliche Tier wird gnadenlos gejagt.
  2. Werden die verbliebenen Artgenossen nicht geduldet, nimmt man sie aus dem Aquarium heraus und läßt das Paar im Becken bleiben. Vertragen sich die Tiere weiterhin, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, sollte man versuchen, mit anderen, robusten Arten (gut eignen sich z.B. Parachromis managuense oder Amphilophus citrinellus, etc.) eine Art Puffer zu schaffen, welcher den Aggressionen der laichbereiten V. synspila entgegenhalten kann.

Manchmal, wenn man Glück hat, klappt die Zucht irgendwann ganz einfach auch bei der Vergesellschaftung mit anderen Artgenossen und weiteren, nicht verwandten Cichliden. Plötzlich geht alles völlig reibungslos vor sich und die V. synspila führen eines Tages Junge. Leider hatte ich bislang recht selten dieses Glück, bei mir funktionierte dies immer nur mit vielen anderen Vieja-Arten, fast nie aber mit dem Quetzalbuntbarsch selbst.
Doch gerade aus solchen Situationen entsteht ein besonderer Reiz, ein Reiz zum Beobachten, Ausprobieren, etc.
Daß der Quetzalbuntbarsch als Vegetarier öfters Grünfutter in Form von z.B. Erbsen, Spinat, Salat, Gurken, Wasserlinsen für sein Wohlbefinden und seine Gesundheit braucht, ist längst bekannt. Ungeeignet ist stark proteinreiches Futter wie Artemia oder Muscheln. Völlig falsch ist Rinderherz und rote Mückenlarven, was die Tiere auf Dauer unfruchtbar und krank macht.

Wenn man sich lange genug mit diesen Tieren beschäftigt, wird man feststellen, daß es neben völlig verschieden aussehenden Farbformen auch völlig unterschiedliche Charaktere bei den einzelnen synspila-Varianten gibt. Derzeit schwimmen bei mir 5 verschiedene Farbformen von V. synspila, von denen ich drei selbst in ihren Biotopen fing, eine Art als Wildfangnachzucht von H. Garbe erhielt und eine weitere die klassische Aquarienform unbekannten Ursprungs darstellt.

Nun zu den Vorkommensgebieten von V. synspila. Im Dreiländereck zwischen Belize, Südostmexiko und Guatemala finden sich überall V. synspila. Auf der Halbinsel Yucatan im Bundesstaat Quintana Roo, Mexiko dürfte das nördlichste Verbreitungsgebiet eine Lagune neben den Ruinen von Coba darstellen. Im Süden von Mexiko bevölkert V. synspila ein recht großes Gebiet, welches insgesamt dem Einzugs- und Überschwemmungsgebiet des großen Rio Usumacinta entspricht. Durch entsprechende menschliche Maßnahmen wie Bewässerungsgräben und Viehtränken gelangte die Art auch weiter nördlich in die Region des Rio Grijalva. Im Dezember 1996 konnte ich feststellen, daß zwischen dem Usumacinta und dem Grijalva ein riesiges zusammenhängendes Wassersystem entstand, bedingt durch enorme Regenfälle. So verwundert es nicht, daß V. synspila sympatrisch mit V. bifasciata zumindest im Rio Candelaria, Rio Palizada (?, noch nicht eindeutig belegt), Rio Usumacinta und unzähligen Viehtränken dieser Region vorkommt. Verschiedene gefangene Exemplare von reisenden Aquarianern oder mexikanischen Fischern deuten darauf hin, daß sich die Arten in diesen Habitaten untereinander kreuzen, was zu einer Fülle von Formen geführt hat, welche keinesfalls eindeutig zugeordnet werden können. So konnte ich z.B. in einem kleinen Tümpel bei Palenque beide Arten nachweisen, während der rund 300 m entfernte Rio Chacamax „nur“ V. bifasciata beherbergt. Diese Tiere waren im Tümpel allesamt ziemlich unscheinbar und farblos.
Im Grenzgebiet zwischen Mexiko und Belize finden sich innerhalb weniger Kilometer 3 verschiedene schön gefärbte Varianten von V. synspila. Im Rio Hondo, dem Grenzfluß zwischen den beiden Ländern fanden wir 1999 silber getüpfelte Exemplare, während der bekannte Cenote Azul neben der Lagune von Bacalar eine relativ hochrückige Art mit einer verwaschenen gelb-orangen Färbung aufweist. Die Tiere in der Lagune selbst sind recht gestreckt, gelb gefärbt mit auffallenden schwarzen Flecken in der Rückenzone und sehen aus wie der nächste Verwandte V. melanurus aus dem Petensee in Guatemala. Im Aquarium wandeln sich diese Tiere allerdings zu „typischen“ V. synspila mit roten Köpfen. Das Ganze ist insofern sehr interessant, da sowohl die Lagune als auch der Cenote recht klares Wasser mit einer entsprechenden Sichttiefe aufweisen. Sind die Tiere deshalb vielleicht so unscheinbar gefärbt und verzichten auf das auffällige Rot in ihrer Färbung? Oder beeinflußt die extreme Härte (ca. 50° dGH) beider Gewässer die Färbung der Fische? Selbst die „Cichlasoma“ salvini der Lagune von Bacalar sind eher braun als gelb und von rot keine Spur.


Im kleinen Staat Belize konnten wir in vielen Gewässern V. synspila antreffen. Während manche Autoren angaben, sowohl V. melanurus als auch V. synspila im Belize River vorzufinden, denke ich, daß dort eine Verwechslung vorlag. Auch die Literaturangabe des Belize River als Vorkommensgrenze für V. melanurus ist meines Erachtens nicht richtig. Alle mir bekannten größeren Flüsse in Belize werden von V. synspila bewohnt. Heiner Garbe fing vor etlichen Jahren im Norden von Belize Quetzalbuntbarsche in reinem Meerwasser. Unsere, 1995 im Landesinneren gefangenen Tiere, weichen von allen bislang bekannten Formen von V. synspila z.T. erheblich ab, da diese Tiere einen großen Anteil von orange und schwarz aufweisen. Die Tiere stammen aus dem Rio Sibun (nicht zu verwechseln mit dem Rio Subin in Guatemala) und beeindrucken mit völlig unbekannter Färbung und ungewohnten Körperformen. Mittlerweile 5 Jahre alte Tiere sind zwar recht bullig und groß geworden, der spitze Kopf blieb und nicht einmal ein Ansatz eines Stirnbuckels war bei den Männchen zu erkennen. Gerade diese Form erwies sich bei mir als recht laichunwillig, während sie bei meinem langjährigen Freund und Reisebegleiter Frank Angermann bereitwillig züchtete. Auf den ersten Blick sehen Jungfische dieser Tiere V. maculicauda oder V. heterospila ähnlicher als V. synspila. Bei einer Kanutour auf dem Rio Macal im Grenzgebiet zu Guatemala konnten wir durch die Wasseroberfläche große orangefarbene Tiere bei der Brutpflege erkennen und hielten sie zunächst für V. melanurus, während ebenfalls darin lebende blasse, gestreckte Tiere von uns für V. synspila gehalten wurden.
Wir dachten, endlich in einem Fluß beide Arten nachweisen zu können. Die Eltern unserer im Sibun gefangener Tiere sahen weder der einen noch der anderen Form der im Macal vorkommenden Tiere ähnlich. Erstaunlich, daß unsere Fänge als erwachsene Fische im Aquarium genauso aussehen, wie die Macal-Variante, während die in Mexiko in der Laguna von Bacalar gefangenen Tiere so erheblich von ihren Eltern abweichen.
Für mich eine Erklärung, welchen Einfluß Futter- und Wasserqualität auf Form, Farbe und Aussehen der Fische erkennen lassen. Trotz annähernd gleicher Aquarienbedingungen für beide Formen bildete sich einmal die Naturvariante ziemlich übereinstimmend ab, während sich beim anderen Mal Buntbarsche entwickelten, von denen bislang jeder sagte, daß diese mit der Form in der Natur wenig gemeinsam haben. Die Aquariengröße ist in diesem Fall vernachlässigbar, da meine V. synspila alle in fast gleich großen Aquarien schwimmen.

Im Tiefland von Guatemala kommen V. synspila in allen linksseitigen Zuflüssen des Rio Usumacinta vor und zeigen wie das mexikanische Pendant dieses Flusses eher unscheinbare Farben. Es überwiegt ein gelbbraun mit einem Hauch von rot. Die südliche Grenze des Vorkommensgebietes dürfte das Rio-de-la-Pasion-Gebiet mit der Gegend um den Rio San Roman sein. Eine Zeitlang dachte ich, der „typische“, farbenprächtige V. synspila mit dem roten Kopf und dem enormen Stirnbuckel ( das sog. „Fotoexemplar“), welcher sich mittlerweile als eine Aquarienform etabliert hat, stammt aus dieser Gegend, da alle aus Belize und Mexiko kommenden Tiere davon z.T. erheblich abwichen, doch bestätigten mir befreundete Aquarianer, daß sie bei ihrer Tour durch Guatemala im Februar diesen Jahres auch wiederum nur Tiere sahen, welche denen aus Mexiko stark ähnelten.

Bedingt durch sein großes Vorkommensgebiet hat V. synspila etliche geographische Farbformen und Varianten gebildet, welche mir die Frage stellen lassen, ob es sich dabei nur um eine Art handelt oder verstecken sich dahinter mehrere. Wenn man bedenkt, daß vom Carl Hubbs, dem Erstbeschreiber des Quetzalbuntbarsches elf Unterarten von ?C.? urophthalmus beschrieben wurden, welche meines Erachtens geringere Abweichungen als alle bekannten V. synspila-Formen aufweisen, dann möchte man meinen, daß hier einiges nachzuholen ist. Aber ich bin Hobbyaquarianer und kein Ichthyologe, deshalb möchte ich diese Frage an die Wissenschaftler weitergeben. Bemerkenswert aber ist, daß die bereits 1862 beschriebene Art V. melanurus, welche bekanntlich V. synspila am nächsten steht, neuesten Erkenntnissen zufolge endemisch im Lago Peten und der benachbarten Laguna von Yaxja lebt und keine eindeutig gesicherten weiteren Verbreitungsgebiete besitzt. Und Hubbs Typusexemplar zur Erstbeschreibung von V. synspila maß gerade einmal 69 Millimeter. Bevor eindeutige Beweise existieren, schließe ich mich der bereits 1966 von Prof. R. Miller geäußerten Vermutung an, daß V. synspila ein Synonym zu V. melanurus ist und somit ungültig sein müßte.
Anregungen und Kritik zu dieser Vermutung sind stets willkommen.


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© Peter Buchhauser