Mexiko 2010: 2. Teil(B):
Die einzelnen Biotope, Von Teapa Über den Isthmus zum Pazifik (12/2010)

"...Thorichthys panchovillai war damals noch nicht wissenschaftlich beschrieben..."Peter Buchhauser

Am nächsten Tag war Kultur angesagt. Die Ruinen von Palenque, für mich nach wie vor die schönste Majastätte, vielleicht deshalb, weil gleich hinter den Tempeln der Regenwald(-rest) anfängt. Ich glaube, ich war mittlerweile zum fünften Mal bei den Ruinen und von Mal zu mal wird es touristischer. Ein Vergleich mit Lourdes ist nicht aus der Welt gegriffen. Überall sind fliegende Händler, die alle möglichen Waren lauthals anbieten und das schon um acht Uhr morgens.

krisr. pasionis, V. synspilus, V. bifasciatus, A. robertsoni, „C.“ salvini, „C.“ urophthalmus, Oreochromis und Loricariiden.

Frühmorgendliche Hektik, alles musste verpackt werden, der reichlich vorhandene Platz im Dodge schwand zusehends, wir verließen Palenque und machten uns auf nach Teapa.
Ein schönes Hotel mitten in Teapa, Kolonialstil mit Patio, kam leider nicht in Frage! Warum, weil Aquarianer praktisch denken. Ein Parkplatz war nicht in der Nähe, wir hätten auf gut Glück immer wieder irgendwo einen neuen finden müssen, zudem gab es nur Zimmer im Obergeschoss, was ein Ausschlusskriterium war, denn wer will die ganzen Fische, die Ausrüstung und das wenige an persönlichen Kleidungsstücken schon so weit schleppen. Bei den Schwefelquellen (= Azufres) außerhalb von Teapa fanden wir, was wir suchten. Ebenerdig, der Wagen direkt vor der Türe geparkt, in der Luft ein permanenter und penetranter Schwefelgestank. Was waren wir für Banausen...

Samstag am Rio Blanco! Wir sind die einzigen Fremden, neben einigen hundert Mexikanern, die am Rio Blanco picknicken, Würste grillen, Tortillas braten und im Wasser sehen. Der Mexikaner an sich schwimmt nicht oder kaum, er steht im Wasser, um sich abzufrischen.
Wir zogen zunächst flussabwärts und sahen dort Paraneetroplus gibbiceps, Theraps lentiginosus, Th. coeruleus und Chuco intermedius. Allerdings nur immer halbwüchsige Tiere. Oberhalb der engsten Stelle bei der Brücke war der Fluss viel tiefer, da er sich im Lauf der Jahrtausende einen Canyon durch die Felsen gegraben hat. Grober Kies als Untergrund und hie und da ein abgestorbener Baum, das war die gesamte Unterwasserwelt, links und rechts von Felswänden gesäumt. Die gleichen drei Arten wie zuvor, allerdings auch größere Tiere. Leider kein einziges brutpflegendes Paar weit und breit. Hätten wir damals gewusst, dass rund 10 km weiter, bei Ixtacomitan, Uwe Werner P. gibbiceps fing, wären wir sicherlich auch dorthin gefahren. Vermutlich wäre jedoch auch dort der Samstag der falsche Tag gewesen.

Wieder zurück Richtung Teapa hielten wir an einer Brücke namens „Puente Rosita“ bei einem kleinen Bach ohne Namen. Wir waren schon fast wieder mitten in all den Bananenplantagen. Kein Wunder, dass der Bach weitaus trüber war als der Rio Blanco, welcher in höheren Lagen entspringt. Jedoch sahen wir viel mehr Fische. Schwertträger, V. bifasciatus, Th. lentiginosus, Th. coeruleus, Thor. helleri und „C.“salvini. In Ufernähe führte gerade ein salvini-Paar etwa zehn mm große Jungfische. Flugs wurden davon etliche eingetütet und wir fuhren weiter.
Der Rio Pichucalco lädt am Samstag natürlich auch zum Baden ein, jedoch waren die meisten Badegäste bereits verschwunden und niemand grillte mehr . Im flachen Bereich gab es kaum Fische, in den tiefen Zonen bei den zum Teil unterspülten Brückenpfeilern wimmelte es nur so von Cichliden. Weder mit den Netz noch mit den Handkeschern konnten wir dort fischen. Einzelne, große Loricariiden schwammen eilig davon, wenn man sich näherte. Im Gegensatz zum Rio Chacamax waren sie noch nicht so „zutraulich“, der natürliche Fluchtinstinkt war hier noch vorhanden. Wir sahen Thor. helleri, V. bifasciatus, Th. lentiginosus.

Kurz vor unserer Unterkunft überquerten wir die beiden Flüsse Azufres I und Azufres II. Während der erste ein fürchterlich stinkender Schwefelfluss ist (mit Fischen!), ist der zweite weitaus einladender. Wir suchten die sogenannten Schwefel-bifasciatus,welche um Teapa rum vorkommen. Sie sehen farblich ganz anders aus wie z.B. die Tiere aus dem Rio Chacamax, aus dem Rio Candelaria oder aus der Laguna Catazaja. Mit quasi förmlichen Riecher entdeckten wir oberhalb der Brücke ein brutpflegendes Paar und nahmen ausreichend Jungtiere mit. Überhaupt wurde es jetzt erst so langsam interessant für mich. Während Dieter und Frank eher auf die kleineren Arten wie Thorichthys aus waren, ging es mir bei dieser Reise vornehmlich um meine Lieblinge, den Vieja-Arten. Mit ein paar Catazaja- Exemplaren konnte ich meinen zehn Jahre alten Bestand wieder auffrischen, mit den Schwefel-bifasciatus bot sich etwas völlig Neues. Neben den V. bifasciatus gab es im Azufres II noch „C.“ salvini und Thor. helleri.

Sonntag, ebenfalls Volksbadetag! Durch die Stadt Teapa selbst fließt der Rio Puyacatengo. Es war nicht viel anders als am Rio Blanco, außer, dass hier diverse Nylonseile quer über den Fluss gespannt wurden. Wie bereits geschrieben, man schwimmt nicht, jedoch kann man sich im Wasser am Seil entlang hangeln. Wir entdeckten die üblichen Ch. intermedius, Thor. helleri und V. bifasciatus. Letztere zeigten sich uns wieder wohlgesonnen, indem am gegenüberliegenden Ufer in einer ruhig fließenden Zone ein brutpflegendes Paar auf uns wartete. Wie das vor sich ging, kann man anhand einer kleinen Fotoserie sicher nachvollziehen.
Die Puyacatengo-bifasciatus kamen wohlbehalten in Deutschland an, jedoch gingen sie uns nach und nach in unseren Aquarien ein. Jammer schade, denn ich hätte gerne diese Tiere mit den Azufres-bifasciatus genau verglichen, sobald sie etwas größer geworden wären.

Am Montagmorgen hatten wir noch mehr Cichliden einzupacken, dafür wurde das persönliche Gepäck schon deutlich weniger. Um Platz bei der Heimreise für all die Fische zu gewinnen, haben wir permanent alte T-Shirts unterwegs „entsorgt“. Beim Hinflug packte ich fast alle meine Kleidung in die Transportflaschen ein, gerade Unterwäsche und T-Shirts lassen sich so gut verstauen, selbst ein kleines Handtuch bekommt man durch die Weithalsmündung unserer Laborflaschen. Es ist klar, dass wir nicht das Dressmen durch Mexiko reisten, genauere Beschreibung unserer äußerst „modischen Reisebekleidung“ erspare ich mir lieber, denn man kann sich vermutlich vorstellen, wie ein Uralt-T-Shirt aussieht, nach dem es tagelang in einer Flasche eingerollt war.
Wir fuhren in die Isthmus Gegend, zur Meerenge zwischen Atlantik und Pazifik, nach Matias Romero. Matias Romero ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Es liegt an der MEX 185, der schnellsten Straßenverbindung zwischen den beiden Meeren, weitaus näher am Pazifik, trotzdem entwässern selbst noch die Flüsse hinter Matias Romero (d.h. Richtung Pazifik) über den mächtigen Rio Coatzacoalcos in den Atlantik. Der Rio Almoloya und der Rio El Corte scheinen die letzten Flüsse zu sein, bevor sich die Wasserscheide auftut und alles in den Pazifik entwässert.
Die Fische des Rio Coatzacoalcos-System haben es mir besonders angetan, allen voran die Vieja. Werner und Stawikowski fischten Anfang der 80er Jahre dort und fingen viele verschiedene Viejas aus diesem Gebiet. Damals bezeichnete man die Tiere noch als „Cichlasoma“ guttulata, daraus wurden dann Paratheraps, später Vieja, vor kurzem wieder Paratheraps, was inzwischen auch schon umstritten ist. Auf jeden Fall dürfte es sich bei diesen Cichliden um eine wissenschaftlich noch unbeschriebene Art handeln, nicht jedoch um Vieja guttulata. Leider zogen Werner und Stawikowski die dort gefangenen Tiere nicht strikt getrennt auf (pers. Mitteilung Uwe Werner), so dass die genaue geographische Zuordnung der einzelnen Varianten nicht mehr möglich ist. Es gab türkisblaue Fische, türkisblaue mit roten Flossensäumen, sog. Rotschwanztheraps (hier waren die unpaaren Flossen komplett rot), Tiere mit einer goldenen Grundfärbung, etc.
Am nächsten verwandt sind die „Coatzacolacos“-Vieja mit V. bifasciatus. Die Gruppe der „türkisblauen“ wird recht groß und bullig. Männliche Tiere über 40 cm Gesamtlänge sind keine Seltenheit. Dabei werden manche Exemplare extrem hochrückig, was man in den natürlichen Habitaten so gut wie nie sieht. Im Alter verblasst die plakative Färbung und der hell-dunkel Kontrast kommt verstärkt zum Vorschein. Leider kreuzen sich all diese Cichliden gerne mit anderen Vieja-Arten, vornehmlich mit V. bifasciatus, aber auch mit V. fenestratus und V. synspilus, dass eine Fülle verschiedenster Hybriden im Umlauf ist. So ist es manchmal ein reines Rätselraten, welche Elternarten beteiligt sind. Ich hatte Anfangs der 90er Jahre eine zeit lang reinrassige V. spec. „Coatzacoalcos“, vermehrte die Art recht häufig und verbreitete Hunderte von Nachzuchten. Dann verschwanden die Tiere mehr und mehr. Erst in den letzten Jahren kamen wieder einige dieser äußerst farbenprächtigen Großcichliden auf den Markt.
Um es auch gleich vorneweg zu nehmen. Ich erhielt 2008 etliche spec. „Coatzacoalcos“ Wildfänge von Michael Pilack, welcher diese Tiere im Rio Grande bei Matias Romero fing.
Wir selbst fingen an vier verschiedenen Flüssen V. spec. „Coatzacoalcos“, womit ich derzeit fünf „Formen/Varianten“ wohl ein und derselben Art großziehe. Ein Ding der Unmöglichkeit, dazu werden die Fische zu groß. Mehr als die Hälfte der mitgebrachten Tiere musste ich schon abgeben. Eine strikte Trennung ist quasi nicht mehr gegeben. Andererseits sehen alle fünf Standortvarianten gleich aus, was bei vier mal +/- 10 cm und einmal +/- 20 cm Größe aber noch gar nichts sagen muss. Worauf ich hinaus will? Es wird mir nicht anders gehen als Werner und Stawikowski 15 Jahre vorher.

Der Rio Almoloya wurde gelegentlich mit den Rio Ajal verwechselt. Er ist Typusfundort von Thor. callolepis, der einzigen Thorichthys-Art ohne Kiemendeckelfleck.
Man biegt hinter Matias Romero Richtung Pazifik auf der MEX 185 rechts ab, kommt zum Örtchen Ajal mit gleichnamigem Fluss, dem Rio Ajal, überquert diesen und fährt dann etwa 8-10 km weiter zur Ansiedlung Almoloya, mit gleichnamigem Fluss. Eher ein Bach, wer weiß, wie der Bach aber in den Regenzeit aussieht. Wir sahen Thor. callolepis, Thor. spec. „Coatzacoalcos“ und V. spec. „Coatzacoalcos“. Bei den Thor. spec. „Coatzacoalcos“ ist noch ungeklärt, ob es sich um einen eigenständige Art oder um eine Variante von Thor. maculipinnis (früher Thor. ellioti) handelt. Unter Wasser sehen beide Thorichthys vor allem während der Brutpflege recht ähnlich aus und auch 2009 erwischten wir nur Thor. spec. „Coatzacoalcos“, was wir erst später feststellten, obwohl wir uns so sicher waren. Auch 1999 waren wir uns sehr sicher, trotzdem fingen wir auch damals keine Jungtiere von Thor. callolepis, lediglich größere Einzeltiere.

Auf dem Rückweg hielten wir am Rio Ajal, einem recht sauberen und klaren kleinen Fluss. Eine neue Brücke ersetzt die übermauerten Blechröhren. Die Fragmente der alten Brücke lässt man, wie so üblich in Mexiko, einfach im Wasser stehen. Für uns ein geeigneter Einstiegsplatz ins Wasser und gut zum Deponieren der Ausrüstung, da relativ ameisenfrei. Es gibt in Mexiko die winzigen Feuerameisen, wer sie einmal kennen gelernt hat, liebt die allgegenwärtigen Moskitos! Zum Ajal sind wir in den nächsten Tagen noch oft gefahren, da wir von hier immer unser Wasser für den Wasserwechsel in Flaschen mitnahmen.

1999 fischten wir mehrere Male unterhalb der alten Brücke im relativ schnell fließenden, seichten Wasser.
2009 gingen wir flussaufwärts und konnten relativ einfach sehr viele Jungtiere von Vieja regani und V. spec. „Coatzacoalcos/Ajal“ mitnehmen. Die flinken Paraneetroplus bulleri waren allesamt ohne Jungfische, ebenso die „C.“ salvini dort. Lediglich die Thor. spec. „Coatzacoalcos“ führten ausreichend Jungtiere.

Der breitere Rio Malatengo oberhalb von Matias Romero, Richtung Atlantik, war etwas eingetrübt. Wir sahen halbwüchsige Exemplare von „C.“ salvini, V. spec. „Coatzacoalcos“ und Thor. spec. „Coatzacoalcos“.

Auf der Karte stellten wir fest, dass der Rio El Corte der letzte Coatzacoalcos-Zufluss vor der Wasserscheide sein müsste. Eine neu geteerte Straße machte uns den Weg einfacher, trotzdem dauerte es wegen der endlos scheinenden Serpentinen über eine Stunde, bis wir den kleinen Fluss fanden. Ebenfalls leicht eingetrübt, konnten wir anfangs nur schwer Fische ausmachen. Wir fanden wunderschön gefärbte Thorichthys, die vom Aussehen her sehr stark an Thor. maculipinnis erinnern, trotzdem dürfte es sich um eine weitere Variante von Thor. spec. „Coatzacoalcos“ handeln. Die für diese Gegend üblichen Vieja waren ebenfalls vertreten. Wir nahmen jeweils Jungtiere davon mit.

Am 1. April waren wir unterwegs zum gewaltigen Rio Jaltepec. Auf halbem Weg überquerten wir einen kleinen Bach bei „El Robalo“. Schnell den Mietwagen abgestellt und von der Brücke hinunter gespäht. Etwa 4-6 Meter breit und kaum einen halben Meter tief, aber voll mit P. Bulleri und Thorichthys. Der einzige Zugang zu dem Bach führte durch ein privates Grundstück mit kleinem Haus. Wir fragten die Besitzerin, welche gerade ein Huhn rupfte, ob wir zum „Arroyo“ (spanisch für Bach) runter gehen dürften. Sie bejahte, machte uns aber auch klar, dass wir nicht fischen dürfen. Anscheinend waren vor uns schon mal andere Aquarianer da und hatten wohl die gleiche Idee...

Der Rio Jaltepec ist selbst in der Trockenperiode noch immer 60-80 Meter breit, kann jedoch nahezu völlig durchschritten werden, da bis auf ein kleines tiefes Stück der Wasserstand nicht mehr als einen Meter beträgt. Wir sehen Grundeln, große Oreochromis, Thorichthys, welche am Ufer neben dem Brückenpfeile bei 30 cm Wasserstand ihre Jungen vorführen uns sich so wunderbar fotografieren lassen. Die wenigen, aber großen V. spec. „Coatzacoalcos“ sind hier recht blau gefärbt mit schönen roten Flossen. Außer den Thorichthys sehen wir aber keine brutpflegenden Tiere. 1999 fingen wir im Jaltepec mit dem Zugnetz mehrere kleine V. regani, zehn Jahre später sehen wir an diesem Tag keinen einzigen.

Auf dem Rückweg nach Matias Romero stoppten wir noch am Rio Juñapan. Hüfttiefes, klares Wasser und ein Kiesboden lud auch die Mexikaner zum Baden ein. Wir schnorcheln ein wenig rum und stellen fest, dass gerade im „Badebereich“ die Fischdichte am höchsten ist. Vermutlich deshalb, weil durch das Waten im Wasser kleinste Futterteilchen aus dem Kies aufgewühlt werden und so die Cichliden angelockt werden. So sahen wir erst verwundert und dann mit Begeisterung etliche P. bulleri-Paare neben V. spec. „Coatzacoalcos“-Paaren, alle mit bereits größeren Jungfischen. Der Abstand von Paar zu Paar lag bei etwa einem bis zwei Metern. Dazwischen immer wieder halbwüchsige V. regani und in Ufernähe viele Thorichthys. Trotzdem ist es nicht so einfach, hier Fische zu fangen, weil die P. bulleri und auch die Vieja sehr schnell mit ihren Jungtieren durch das Wasser ziehen. Wahrscheinlich deshalb, weil in der „Badezone“ so gut wie keinerlei Versteckplätze vorhanden sind. Schließlich gelang es uns trotzdem, etwa 70-80 Jungtiere von P. bulleri zu erbeuten.
Letztendlich erwies sich jedoch dieser Fang als Aprilscherz. Daheim in Deutschland zeigte sich nach einigen Wochen, dass es keine P. bulleri waren, sondern Vieja. Anscheinend standen zwei brutpflegende Paare nah beieinander und beim hinterher schwimmen mit zwei Handkeschern erwischten wir die falschen Cichliden. So hatten wir bis jetzt ungefähr 150 Vieja spec. „Coatzacoalcos“ aus drei verschiedenen Biotopen. Aber es sollten noch mehr werden.

Am nächsten Tag, unserem letzten Fangtag, ging es an die Pazifikseite. Wir bogen vor Juchitan links ab und machten uns auf den Weg zum Rio Niltepec, Typuslokalität von V. zonata. Kommt man von Matias Romero her die Berge runter, entdeckt man im Flachland einen riesigen Windpark. Immer wieder sahen wir Schwerlaster, welche entweder die gewaltigen Rotorblätter geladen hatten oder die enormen Stahlsäulen transportierten. Etwa 5000 Windräder sollen es einmal werden, momentan dürfte etwa die Hälfte bereits installiert sein. Auflandige Winde vom Pazifik her sorgen für konstante Stromerzeugung. Nicht schön, aber allemal besser als fossile Brennstoffe, Atomkraft oder Staudämme. Wir überquerten den Rio Niltepec und fanden ihn fast völlig ausgetrocknet vor. 1999 fischten wir dort in einem von Faden-und Schwebealgen überwucherten Rinnsal nach Amphilophus macracanthus. Vermutlich durch Pestizide und Waschmittel verunreinigt juckten uns die Beine, mit denen wir im Wasser standen. Zum Glück blieben nach den Kratzorgien keine größeren Entzündungen. Deshalb ließen wir diesmal den Rio Niltepec liegen und machten uns auf zum Rio Ostuta. Fehlanzeige, trocken. Also weiter zum Rio Zanatepec. Den Zanatepec hatten wir als recht sauber in Erinnerung. So zeigte er sich auch im Jahre 2009. Ein Kiesbett mit wenig klarem Wasser. In einer kolkartigen Vertiefung entdeckten wir ein brutpflegendes Vieja zonata Paar. Bis wir mit Brille, Schnorchel, Kescher und Tüten ausgestattet waren, fischte ein Mexikaner mit dem Wurfnetz im Kolk nach Lebendgebärenden für die Suppe. Es gelangen uns recht schöne Fotos vom Fischen mit dem Wurfnetz, nur waren unsere Vieja weg. Irgendwann hatte der Fischer genug, die Viejas kamen langsam wieder, jedoch ohne Jungfische. Vermutlich haben sich die anderen Cichliden sofort auf sie gestürzt, als durch das Wurfnetz ein mittleres Chaos im Kolk losbrach.
Wo ein Vieja-Paar mit Jungfischen ist, sind auch weitere, dachten wir uns.
Jedoch war dies nicht so einfach. Wir wanderten flussaufwärts und flussabwärts. Einem kräftig gelb gefärbtem Weibchen von Amphilophus trimaculatus nahmen wir mit etwa 100 Jungtieren weniger als die Hälfte der großen Jungfischschar ab. Dabei war das Weibchen noch keine zehn Zentimeter groß. Schließlich entdeckten wie doch noch unsere Vieja, gleich zwei brutpflegende Paare. Beim ersten Paar war die Jungtiere allerdings sehr klein, wir tüteten sie zunächst einmal ein und hielten weiter Ausschau. Ein zweites Paar führte etwas größere Jungfische und wir nahmen diese auch mit, denn es stand uns noch eine weite Reise bevor.
Im Rio Zanatepec sahen wir ebenfalls vereinzelte A. macracanthus.

Am nächsten Tag wurde alles verpackt, zudem nahmen wir mehr als 60 Liter Wasser miz vom Rio Ajal für den Wasserwechsel und fuhren nach Veracruz am Golf von Mexiko. In den Dodge hätte nichts mehr reingepasst, ein Fahrzeug mit mehr als fünf Metern Gesamtlänge und einer Höhe von fast zwei Meter war mit drei Aquarianern und deren Gepäck vollends beladen.
Von Veracruz aus folgte am vierten April die endgültige Abreise. Zwei Stunden verpacken und danach vier Stunden Fahrt nach Mexiko Stadt.

Auf dieser Reise fingen wir wir über 20 Cichlidenarten, nahmen 16 davon mit nach Deutschland (insgesamt weit über 1000 Fische!!!), sahen weitere 7 Arten in ihren Biotopen und vermissten nur vier Arten (P. managuensis, P. friedrichsthalii, V. argentea, „C.“ pearsei).

Rund drei Monate später stellte sich daheim noch eine Überraschung ein. Wir stellten nicht nur fest, dass wir keine P. bulleri erwischten, wir merkten ebenfalls, dass im Rio Zanatepec zwei verschiedene Vieja-Arten sympatrisch miteinander vorkommen! Aus dem einen Teil der Jungtiere entwickelten sich echte V. zonata, erkennbar an der leichten schwarzen Bänderung im Jungfischstadium und später charakterisiert durch einen schwarzen Keil. Die andere Art war wiederum V. spec. „Coatzacoalcos“, damit hatten wir von dieser Art endgültig fast 200 Tiere aus 4 verschiedenen Habitaten. Das Interessante dabei ist, dass die Art inzwischen auch auf der Pazifikseite beheimatet ist, was mit Sicherheit vor rund 20 Jahren noch nicht der Fall war. Dies erklärt, warum mehrere Aquarianer Viejas von der Pazifikseite mitbrachten, welche sich dann letztendlich doch nicht als V. zonata erwiesen. Ob die Verbreitung von der Atlantik- zur Pazifikseite hin durch menschliches Eingreifen oder durch Naturkatastrophen erfolgte, sei dahingestellt, jedenfalls kommen sie auf beiden Seiten vor.
Es wird berichtet, dass A. trimaculatus mittlerweile nicht nur auf der Pazifikseite, sondern zusätzlich auch auf der Atlantikseite anzutreffen ist. Auch hier fehlen uns die Gründe.




Literaturhinweise:
P. Buchhauser: „Cichlidenbiotope in Südmexiko“, DCG-Informationen 2000/21
H. J. Mailand: Cichliden, Landbuch Verlag, 1995
R. Stawikowski/U. Werner: Die Buntbarsche Amerikas, Ulmer Verlag, 1998


Download des Artikels / Teil b. (pdf)


© Peter Buchhauser