Fehlfarben – Xanthorismus bei Cichliden (04/2004)

Unter Xanthorismus versteht man die teilweise oder völlige Gelbfärbung Peter Buchhauser

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Immer wieder überschwemmen albinotische Aquarienfische den Markt, gelangen für kurze Zeit vermehrt in den Handel und in die Heimaquarien, letztendlich verschwinden sie meist aber genauso schnell, wie sie aufgetreten sind. Ich denke da nur an Albino-Panzerwelse, - Antennenwelse, - Fransenlipper, - Kaiserbarsche und viele andere. Schön sind sie meines Erachtens nicht, diese Sonderlinge, denen aufgrund erblicher Bedingung alle Körperpigmente fehlen. Sie erregen zumindest Aufsehen, können wohl aber nicht auf lange Sicht überzeugen. Etwas anders sieht es aus mit xanthoristischen Formen bestimmter Aquarientiere. Unter Xanthorismus – oft verwechselt mit Albinismus – versteht man im allgemeinen die teilweise oder völlige Gelbfärbung. Wobei Gelbfärbung als dehnbarer Begriff aufgefasst werden muß und dabei von weißlich und rosa bis hin zu orange wechseln kann. Das wohl bekannteste Cichlidenbeispiel für Xanthorismus kennen wir aus Mittelamerika, aus der Gattung Amphilophus (A. citrinellus). Während sich bei diesen Cichliden in der Natur die wenigsten Tiere in gelb oder orange umfärben und als „graue Mäuse“ durch die natürlichen Biotope ziehen, so färben sich in Gefangenschaft mehr als 90% aller Individuen um.

Hin und wieder tauchen Fotos und Berichte über weitere xanthoristische Cichliden aus Mittelamerika auf. So kennen wir eine gelblich gefärbte Variante von Parachromis managuensis, wobei hier in erster Linie die weibliche Tiere auffallen, bei den Männchen ist der Unterschied zur Normalform weniger ausgeprägt. Die rote Form von Petenia splendida dürfte ebenfalls hinreichend bekannt sein. Auch beim sogenannten „Albino-Zebrabuntbarsch“ (Cryptoheros nigrofasciatus) handelt es sich um eine xanthoristische Züchtung und nicht etwa um eine albinotische Form. Der Amerikaner Don Conkel beschrieb vor einigen Jahren einen neuen mittelamerikanischen Buntbarsch („Cichlasoma“ spec. „Conkel“), tatsächlich handelt es sich um eine xanthoristische From von Vieja fenestrata, welche vor allem aus dem Catemaco-See bekannt ist.

Mit meinem Titel will ich genauer auf die Besonderheit des Teilxanthorismus (= Teile des Körpers sind gelb gefärbt, der Rest ist in Normalfärbung) eingehen, daher auch der Name Fehlfarben, da diesen Tieren nur zum Teil die Farbe fehlt. Beachtet werden sollte, daß dieser Bericht nur eine Momentaufnahme darstellt und sich über die Zeitschiene durchaus weitere, zum Teil abweichende Beobachtungen ergeben können. Damit will ich sagen, daß die von mir beobachteten Tiere meist nur einen Teilxanthorismus aufwiesen und nicht gesagt werden kann, ob noch eine völlige Umfärbung erfolgt oder nicht.

Das erste Beispiel ist eine weißliche Form von Vieja maculicauda, welche ich durch Zufall vor 4 Jahren in einem lokalen Zoogeschäft erwerben konnte. In einen kleinen Jungfischschwarm fand ich ein weiß gefärbtes Tier, welches einen recht kümmernden Eindruck auf mich machte.

Trotzdem ließ ich mir dieses Tier und ein weiteres, normal gefärbtes einpacken. Auch bei mir im Aquarium änderte sich daran leider wenig. Obwohl ich alles versuchte, das kümmernde Tier aufzupäppeln, war ich schließlich nicht erfolgreich. Nur ganze 4 Monate konnte ich dieses seltene Exemplar von V. maculicauda am Leben erhalten. Das Tier fraß anfangs nicht, entschloß sich dann doch dazu für kurze Zeit, wuchs insgesamt kaum und zeigte am Schluß neben der Weißfärbung einzelne, schwarz pigmentierte Stellen in den Flossen und am Körper. Nachforschungen ergaben, daß dieses Jungtier von Nachzuchttieren aus Tschechien stammte und wohl das einzige, anders gefärbte der ganzen Brut war.

Vor etwa 6 Monaten erhielt ich ein halbwüchsiges Exemplar von Petenia splendida, angeblich ein Weibchen, welches ich dringend benötigte, da bei mir ein einzelnes, kleines WFNZ Männchen recht lustlos in einem meiner Aquarien schwamm. Als ich das Tier auspackte, staunte ich nicht schlecht. Fast die Hälfte des Körpers war weißlich-gelb gefärbt und auch die Flossen zeigten eine intensive Gelbtönung. Es handelte sich hierbei nicht um ein Nachzuchttier der roten Morphe oder ein Kreuzungsprodukt zwischen einem normalfarbenen und einem roten Tier. Leider auch hier bei diesem recht seltsam aussehenden Exemplar von P. splendida ein ähnliches Bild wie bei V. maculicauda. Das Tier schien zu kümmern und war recht abgemagert. Eingesetzt in das Aquarium zu meinem Männchen, nahmen die beiden Tiere voneinander keinerlei Notiz. Ich bezweifelte nun auch, ob es sich bei dem teilxanthoristischem Fisch um ein Weibchen handelte. Das Tier wollte nicht fressen und eine Umsiedlung in ein kleineres Becken, mit weniger ruppigen und entsprechend großen Cichliden war auch kein Erfolg. Kurze Zeit darauf verendete der Fisch. Haben xanthoristische Cichliden selbst in Gefangenschaft keine Chance zum Überleben? Fast müßte ich so denken, hätte ich nicht das Gegenteil putzmunter bei mir.

Zum selben Zeitpunkt, als ich das einzelne Tier von P. splendida bekam, erhielt ich von Jürgen Balzer, einem langjährigen Bekannten aus Düsseldorf 4 Wildfangtiere von Vieja fenestrata. Jürgen fing die Fische, wie schon vor etlichen Jahren, im Rio Hueyapan, einem Zufluß zum Catemaco-See in Mexiko. Es handelte sich bei den 4 halbwüchsigen Tieren um 2 Paare, davon ein teilxanthoristisches Männchen. Nun ist von V. fenestrata eine rosafarbene Morphe bekannt, allerdings keine Tiere, welche farblich dazwischen liegen. Jürgen konnte die Jungtiere im Frühjahr 2002 einem normal gefärbten Paar abnehmen. Umso erstaunlicher, wie der Fisch bei mir aussieht. In der oberen Körperhälfte, vor allem im Kopf und Schulterbereich sieht das Tier aus, als fehlten die Schuppen. So etwas passiert durchaus nach Beißereien bei mittelamerikanischen Cichliden, aber in diesem Fall fehlen nicht etwa die Schuppen, es fehlen lediglich die natürlichen Pigmente und sind stattdessen rosafarben. Mein „geschecktes“ Männchen ist sicherlich Geschmackssache und nicht unbedingt schön, aber dafür umso interessanter. Beide Paare bewohnen ein 650-Liter-Aquarium zusammen mit anderen mittelamerikanischen Großcichliden. Das teilxanthoristische Tier dominiert gegenüber dem etwas kleineren, normalfarbenen Männchen. Es entwickelt sich völlig normal hinsichtlich Wachstum und Stirnbuckelbildung. Keinerlei Anzeichen von Schwäche oder Kümmern sind bislang aufgetreten. Das Tier ist mitttlerweile gut 20 cm groß und trägt immer noch die gleiche seltsame Färbung. Obwohl eine spätere Komplettumfärbung nicht ausgeschlossen werden kann, denke ich aber, daß der Fisch so bleibt wie er ist, eben teilxanthoristisch. Mit dem normal gefärbten Weibchen laichte das Männchen bereits einige Male und nur aus purem Interesse zog ich ein paar Jungtiere groß, welche allerdings erst rund 5 cm messen und völlig normal aussehen, grau mit schwarzem Längsband. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese F1-Nachzuchten weiter entwickeln. Meine Vermutung ist, daß hier der Natur nur ein „Ausrutscher“ passiert ist und alle weiteren Nachzuchten völlig normal bleiben.

So gesehen waren meine bisherigen Erfahrungen mit (teil-)xanthoristischen Exemplaren mittelamerikanischer Cichliden anfangs wohl wenig positiv, mittlerweile hat sich dies umgekehrt und vielleicht entdecke ich demnächst den einen oder anderen neuen „Sonderling“.



Zum vollständigen Bericht: Download des Artikels (pdf)


© Peter Buchhauser