El Chocó – eine andere Dimension!

„Sagt bei der Autovermietung nicht, dass Ihr in den Chocó fährt“ Peter Buchhauser

Sagt bei der Autovermietung nicht, dass Ihr in den Chocó fährt“, so war einer der gutgemeinten Ratschläge unserer Freunde.
Der Chocó, das
ist das nord-westlichste Bundesland Kolumbiens, es grenzt im Westen an den Pazifik und an Panama und im Norden an den Atlantik. Östlich liegen die Regierungsbezirke Antioquia und Risaralda. Knapp eine halbe Million Einwohner leben dort, was bei einer Fläche von 46.500 qkm rund 10 Einwohner pro qkm ergibt. Eine recht dünne Besiedelung, im Vergleich liegt Gesamtkolumbien bei 43 Einwohnern pro qkm und Deutschland bei 232. Der Chocó hat eine Nord-Südausdehnung von knapp 500 km und nur 2 Straßen führen in den Chocó, die Carretera 50 und 60. Das gesamte Straßennetz ist überschaubar klein und als Infrastruktur kaum geeignet. Besser sind die Wasserwege des Rio Atrato, Rio Baudó und Rio San Juan. Das System des Rio Atrato hat ein Einzugsgebiet von rund 38.000 qkm, was über 80% der Fläche des Chocó entspricht. Seine gesamte Länge beträgt etwa 750 km. Er entspringt im Gebirge westlich von Quibdó, der Hauptstadt des Chocó. Flussaufwärts ist der Atrato auf einer Länge von 400 km schiffbar bis etwas hinter Quibdó. Es heißt, er sei der am schnellsten fließende Fluss der Welt, weil der Fluss im Vergleich zur Größe seines Einzugsgebiets die größte Wassermenge transportiert. Der Chocó ist eine der wasserreichsten Gegenden der Welt und auch der regen- und waldreichsten. 16-18 Meter Regen gehen dort pro Jahr runter. Im Vergleich dazu liegt Deutschland bei rund 600-700 mm, das heißt, es regnet im Chocó rund 25 Mal so viel wie bei uns. Hauser, Dächer, Beton, alles verrottet dort viel schneller als in anderen Gegenden dieser Erde. Trotzdem ist der Chocó vielleicht eines der letzten Paradiese dieser Welt.

Man sagt, dass es keine weißen Einwohner im Chocó gibt, weil sie das Klima dort nicht vertragen. Tatsächlich ist es so, dass der Chocó fast nur von Afrokolumbianer und den indigenen Emberas bewohnt wird. Die Afrokolumbianer sind Nachfahren schwarzer Sklaven, welche von den Spaniern und Portugiesen ab 1534 über dreihundert Jahre lang überwiegend nach Cartagena gebracht wurden. Insgesamt mehrere Hunderttausend. Gezielt ausgewählt für den Einsatz im Bergbau, der Landwirtschaft oder zur Holzgewinnung und unter unmenschlichen Bedingungen nach Neu-Granada verfrachtet.

Die Afrokolumbianer stellen den höchsten Bevölkerungsanteil an Flüchtlingen. Von Großgrundbesitzern und Drogenhändlern, Guerilleros und Paramilitärs gewaltsam aus ihren heimatlichen Gegenden vertrieben, ballen sie sich in Quibdó und der Hafenstadt Buenaventura mit fast ausschließlich schwarzer Bevölkerung zusammen. Dort ist die Lebensqualität sehr gering.
Rund 30-35% der Afrokolumbianer und Indigenas sind Analphabeten. Im Chocó fehlt die nötigste Infrastruktur, die Regierung interessiert sich nicht besonders für diesen Bundesstaat. Die schwarze Bevölkerung leidet ebenso wie die Indigenas nach wie vor unter unzureichenden Wohnverhältnissen und fehlender sozialer und medizinischer Versorgung.

Heute ist die Forstwirtschaft und der Fischfang neben dem Bergbau und der Landwirtschaft von wirtschaftlicher Bedeutung. Eine der wichtigsten Einnahmequellen ist neben Holz das geförderte Gold und Platin, welches legal und illegal geschürft wird. Andere Wirtschaftszweige sind kaum entwickelt, von ein wenig Tourismus an der Pazifikküste bei Nuqui und Bahía Solano abgesehen Um die Ausweitung des Bergbaus gibt es Konflikte mit indigenen und afrokolumbianischen Gemeinden, denen das Land gehört.
Die Wasserwege werden benutzt für den Transport von Lebensmitteln, Benzin und Kokapaste. Erst weiter nördlich, vor allem in Mexiko, wir die Kokapasta weiter verarbeitet zu Kokain. Kokapflanzen und Marihuana wachsen in Kolumbien wie Unkraut, es ist nahezu unmöglich, den Anbau dieser Pflanzen im Chocó zu kontrollieren.

Ich kenne wenige Aquarianer, die bislang im Chocó waren. Eigentlich sind mir nur drei Gruppen/Leute bekannt: 1992 reisten H.-G. Breidohr, I. Kranz, U. Werner und W. Zucker nach Tutunendo zum Fischen. Sie fingen u.a. eine dunkel gefärbte Morphe von Kronoheros umbriferus ohne Kiemendeckelflecken. A. Stalsberg und andere waren dreimal im Chocó, 1989, 1991 und 1993. Sie kamen bis nach Istmina, übernachteten dort (Zitat Alf Stalsberg: „Let me tell you this right away; Istmina is not a place for tourists, it's a slum. It is one of the places in Colombia where there are many poor people, most of them are black. Most of the people are very friendly and helpful despite their poorness. Also in the Hotel Orsan, there is a "restaurant" where you can buy your meals.”). Die Gruppe der Norweger kam bis zum Rio de Pepe, einem Zufluss zum Rio Baudó. Auch Oliver Lucanus reiste vor vielen Jahren in den Chocó. Alle diese Reisen sind über 20 Jahre her und meines Wissens war kein weiterer mir bekannter Aquarianer seitdem im Chocó. Warum? Weil es in den letzten 20-25 Jahren zu gefährlich war und weil man nicht so ohne weiteres in den Chocó fahren kann. Ist das nun anders im Jahr 2019, hat es sich geändert? Warum wollten wir in den Chocó. Aus zwei ganz bestimmten Gründen, mehr dazu weiter unten.

Rund ein Jahr vor unserer Reise fingen wir mit den Vorbereitungen an. Ich bin seit 1990 unterwegs in Lateinamerika, um Cichliden zu fangen, aber noch nie machte ich mir vor einer Reise so eine Mühe und so viel Aufwand. Wir fingen an, Kontakte zu Exporteuren in Bogota zu knüpfen, da wir wussten, dass man aus Kolumbien nicht so ohne weiteres lebende Fische mitnehmen kann. Gleichzeitig brauchten wir hier in Europa einen Importeur. Man kann zwar als Privatperson Fische importieren, jedoch nur mit großem zeitlichen und finanziellen Aufwand. Eine geraume Zeit vor der Abreise fing ich an, meine alten Spanischbücher aus den 90ern durchzuarbeiten, während Michael akribisch Karten für Flüsse, Flusszugänge und Übernachtungsmöglichkeiten wälzte. Die Auflösung von Google Maps für diese Gegend war viel zu gering, hier mussten wir andere Wege gehen. Die Reiseroute war von Anfang an relativ klar. Vom Flughafen Frankfurt nach Bogotá, Flughafen El Dorado, dort zuerst zu den Exporteuren, um sich persönlich kennenzulernen, dann ein Inlandsflug nach Medellín, um den Mietwagen in Empfang zu nehmen. Inlandsflüge sind sehr günstig in Kolumbien, wenn man diese online bucht und man muss nicht die acht Stunden von Bogotá nach Medellín im Auto sitzen. In Medellín, am Flughafen Rionegro, trafen wir Carlos. Carlos, ein studierter Agronom, sollte für die nächste Zeit unser lokaler Begleiter sein, da er mal vor vielen Jahren ein Jahr im Chocó verbrachte. Von jetzt ab musste ich Spanisch sprechen, da Carlos so gut wie kein Englisch spricht.

Von Medellín ging es mit dem Auto Richtung Chocó. Auf dem Rückweg Richtung Guatapé und über die Magdalena-Zuflüsse wieder nach Bogotá, denn wir wollten mit Fischen im Gepäck keinen weiteren Inlandsflug nehmen. Als Ausrüstung hatten wir je ein 8 Meter und 3 Meter langes Zugnetz, ein Wurfnetz, mehrere Rahmenkescher und mehr als genug Handkescher dabei. Ein paar Medikamente zur Sicherheit, für die Fische und für uns. Eine 12 Volt Membranpumpe, einen 110/220 Volt Transformator, eine handelsübliche 220 Volt Membranpumpe. Dazu Fischtüten im Überfluss, Artemiaeier, Salz, entkapsulierte Artemiaeier und Flockenfutter. Taucherfüßlinge, Brille und Schnorchel waren ebenso im Gepäck wie Sonnencreme und Insektenschutzmittel. In Bogotá am Flughafen tauschten wir genug Euros in Pesos für die komplette Reise. Lediglich die Hotels in Bogotá und den Mietwagen bezahlten wir per Kreditkarte. Das bescheidene Frühstück bestand aus schwarzem Kaffee, Rührei und einer nackten, ungetoasteten Scheibe Toast. Die Rühreier sollten uns während der gesamten Reise verfolgen.
Um sicherzustellen, dass wir auch das richtige Fahrzeug für den Chocó bekommen, kontaktierte ich im Herbst 2018 unsere Niederlassung in Bogotá, denn ohne Allrad wären wir nicht über die Carretera 60 gekommen, nicht einmal in der sogenannten „Trockenzeit“! Vor Ort bei der Autovermietung dauert es zwar eine Zeit lang, dafür bekamen wir aber genau das reservierte Modell. Einen Mitsubishi Nativa, langer Radstand. Wer der spanischen Sprache mächtig ist, wird sicher verstehen, warum das bei uns allzu gut bekannte Modell „Pajero“ dort anders heißen muss. Die Farbe „blanca perla“ (perlmuttweiß) war auffällig, zu auffällig, aber auch dazu an anderer Stelle mehr.

Zunächst fuhren wir mit Carlos vom Flughafen Rionegro zu seiner Finca nach Santa Elena hoch, weil er seine Ausrüstung noch nicht ganz gepackt hatte. Hoch, das heißt, von etwa 2100 m Höhe auf 2500 m Höhe. Hier besorgten wir noch etwas Trinkwasser und Proviant für die Fahrt. Leider war uns nicht ganz klar, was die letzte Ziffer auf unserem gelben Nummernschild bedeutete, obwohl uns die Autovermietung einen entsprechenden Link zeigte. Wir durften heute Abend damit nicht mehr durch Medellín fahren. Ich kannte das aus Mexiko-Stadt, war mir aber sicher, dass es dort für Mietwagen nicht gilt. In Kolumbien haben auch die Mietfahrzeuge gelbe Nummernschilder. Öffentliche Taxis und Busse haben dort weiße Kennzeichen. Wir beschlossen, die Nacht bei Carlos in Santa Elena zu bleiben und am nächsten Tag früh um 6.00 Uhr zu starten. Nachts kühlte es in Santa Elena auf etwa 8 Grad runter und die Wassertemperatur der kalten Dusche bei Carlos dürfte auch auf diesem Niveau gelegen haben. Das ersetzt den Morgenkaffee! Für die nächsten beiden Wochen sollten wir nur noch kaltes Wasser zum Duschen haben, falls die Unterkünfte überhaupt eine Dusche hatten.
Als wir von Medellín Richtung Río Cauca fuhren, besorgten wir unterwegs noch 2 Styroporboxen für die Fische. Wir fuhren weiter nach Jardin, was sich als kleines, nettes Städtchen erwies. Gelegen auf rund 1750 m über Meereshöhe, zeigte sich Jardin als ein wunderschönes farbenfrohes Dorf, welches von imposanten Bergen, grüner Natur und jeder Menge Kaffeeplantagen umgeben ist. Dort hatten wir bereits den ersten platten Reifen. Eine M6-Schraube bohrte sich hinten links rein, zum Glück hielt die Luft bis zum nächsten „Vulcanizadora“. Nach 15-20 min war der Reifen abmontiert, geflickt (hier stellten wir fest, dass bei diesem Reifen dies nicht die erste Reifenpanne war) und wieder aufgezogen. An zwei kleineren, relativ klaren Cauca-Zuflüssen fischten wir, konnten aber keine Cichliden entdecken, lediglich kleinere Saugwelse aus der Ancistrus Verwandtschaft ließen sich recht leicht von den runden Steinen abkeschern. Keine Cichliden, bei einer Höhe von etwa 1200-1400 m über dem Meer eigentlich selbstverständlich. Aber später in Antioquia wurden wir eines Besseren belehrt…

Die Einfahrt in den Chocó ist wie das Tor zu einer anderen Welt! Wer es nicht glaubt, möge sich bitte selbst dorthin begeben. Auf der Carretera 60 sind es von Cíudad Bolívar, Antioquia bis Tutunendo, Chocó nur rund 110 km. Dafür brauchten wir aber trotzdem rund 7,5 Stunden. Trotz Sechszylinder, 3,5 Liter Hubraum, Allrad und 184 PS. Warum? Weil wir in eine andere Dimension reisten. Das mag seltsam klingen, aber so gestaltete sich der Weg dorthin. Die asphaltierte Straße in Antioquia wird vor der Distriktgrenze ständig unterbrochen, Schotterstrecken stellen sich dazwischen und es werden mehr geschotterte Abschnitte und immer weniger asphaltierte Bereiche. Hoch geht es auf etwa 2200 m über dem Meer. Trotzdem ist es mit 24°C angenehm warm. Relativ unbemerkt geht es von Antioquia in den Chocó. El Carmen de Atrato ist die erste Ansiedlung im westlichsten Department. Von dort sind es noch 80 km, die es in sich haben! Immer wieder wird die Schotterpiste sehr schmal, gerade breit genug für ein Fahrzeug. Erdrutsche haben die andere Fahrspur nach unten gerissen, dies passiert alle paar Kilometer. Raupenfahrzeuge, Bagger und Muldenkipper sind hier ständig damit beschäftigt, die Befahrbarkeit dieser Schotterpiste halbwegs aufrechtzuerhalten. Alle paar Kilometer ist die Piste einbahnig und der Verkehr wird abwechselnd in beide Richtungen freigegeben. Wie das wohl vor 25 Jahren hier war? Mit Sicherheit nicht besser, aber vermutlich auch nicht wesentlich schlechter. Gefühlt ist hier nichts passiert seitdem.
Dann standen wir plötzlich, eine lange Schlange von Fahrzeugen war vor uns. Es fing an zu regnen. Wir warteten im Auto, der Regen ließ etwas nach und zusammen mit Carlos ging ich nach vorne. Seit heute früh blockierten die Embera Indigenas die Carretera 60. Blockiert ist vielleicht der falsche Ausdruck. Wann warf mit Steinen auf Fahrzeuge und drei schmächtige junge Männer mit grünen Westen und Stöcken standen mitten auf der Schotterpiste. Wir kamen ins Gespräch. Mehr finanzielle Unterstützung von der Regierung wollte man, dazu Arbeit. Das Ganze lief in meinen Augen seltsam ab, ruhig, friedlich, aber auch nicht unbedingt überzeugend. Der Alcalde (= Bürgermeister) aus Quibdó war auf dem Weg hierher, um zu schlichten. Quibdó war etwa 3-4 Autostunden entfernt, nun wusste ich, warum die Fahrzeuge seit etwa 6 Stunden standen. Wir konnten zu Fuß problemlos durch das Dorf gehen und kehrten wieder zum Auto zurück. In mir überschlugen sich die Gedanken. Einerseits hausten die Indigenas hier unter wirklich armseligen Bedingungen. Strom gab es, aber sonst nichts. Keine Wasserleitung, kein Abwassersystem und der Müll wurde einfach aus den Stelzenhäusern geworfen. Alles sah ziemlich dreckig und verkommen aus. Die windigen Wellblechdächer waren rostig und löchrig, die Bretter der Hütten teilweise verfault und ebenfalls löchrig. Nicht alle Kinder hatten Kleidung am Körper. Ja, bessere Lebensbedingungen hätten die Embera mit Sicherheit verdient, aber wer in Bogotá interessierte sich für den Chocó? Andererseits blockierten ein paar Kerle, die mir gerade bis zur Schulter gingen, mit lächerlichen, 2 cm starken Stöcken die Straße. Am liebsten mit einem Jeep oder Hummer durch das Dorf preschen, damit die Jungs von der Straße springen, war ein anderer Gedanke.
Der Alcalde kam, es wurde ein paar Minuten diskutiert und alles löste sich in Wohlgefallen auf. Vermutlich gab es ein paar Zusagen, die vermutlich eh nicht gehalten werden, bis zur nächsten Blockade. Einige Kilometer weiter kamen wir mit dem Allrad gerade so durch, die Piste war schlammig, nur einspurig befahrbar, ein Erdrutsch, vermutlich während der letzten Nacht, war zum Glück schon wieder weitestgehend beseitigt worden. Hätten die Indigenas die Straße nicht blockiert, wer weiß, ob wir viel früher angekommen wären, denn dieses Teilstück war bis kurz vor unserem Eintreffen auch gesperrt.

Am Nachmittag trafen wir endlich in Tutunendo im Chocó ein. Tutunendo liegt am gleichnamigen Río Tutunendo, hat etwa 3.000-4.000 Einwohner, davon rund 80% Afrokolumbianer und etwa 20% Indigenas (Embera und Cuna). Die Hauptstraße durch Tutunendo ist nicht befestigt und überall sind mit Regenwasser gefüllte Schlaglöcher. Es gibt ein paar wenige Fahrzeuge und etliche kleine Motorräder. Wir waren hungrig und aßen die vermutlich besten Tamales, die wir je hatten. Selbst im Chocó gab es überall „Tilapia“, meist die rote Morphe von Oreochromis niloticus, welche in Kolumbien in großer Anzahl als Aquakultur verfügbar ist. Aber diese afrikanischen Cichliden leben nicht nur in den Aufzuchtfarmen. Danach ging es noch etwa 10 km quer durch den Regenwald nach San Francisco de Ichó, gelegen am Río Ichó. Hier wohnten nur noch ein paar hundert Leute und Auto gab es kein einziges. Carlos traf sich hier mit Guillermo Gamboa, einem lokalen Fischer. Die beiden kannten sich seit 15 Jahren, als Carlos hier ein Jahr verbrachte. Er half den Bauern der beiden Dörfer für nachhaltigen Anbau von Mais, Yucca, Zuckerrohr und Bananen. Ein großes Problem dort sind die Blattschneiderameisen. So mancher engagierte Bauer wurde ins finanzielle Verderben gestürzt, als seine gesamt e Anpflanzung von den Blattschneiderameisen in kurzer Zeit weggefressen wurde. Carlos erkläre uns, was nützliche und schädliche Ameisen sind. Er kennt jeden Baum und jedes Gewächs hier. Ich bin mir sicher, in ein paar Tagen, weiß er auch, worin sich Cichliden von anderen Fischen unterscheiden. Ich fragte Carlos, wie die Straße in den Chocó für 15 Jahren war, um ein Gefühl zu bekommen, wie es damals bei Stalsberg und Werner war. Er wusste es nicht, denn er fuhr nie über die Carretera 60, sondern flog immer von Medellín nach Quibdó. Vier Wochen Chocó, dann zwei Wochen Medellín. So viel dazu.
Am Ende des Dorfes gab es fünf relativ neue Zimmer, alles aus Holz, auf Stelzen. Dort mieteten wir uns ein. Jeder hatte ein eigenes Zimmer. Mit Bett, Strom, Steckdose und Ventilator. Ungefähr 6 Quadratmeter. Draußen gab es eine Toilette und ein Waschbecken, aber keine Dusche. Den Mietwagen konnten wir sogar unter eine Art Carport stellen. Mehr brauchten wir nicht. Dass die Bretterverschläge unserer Räume Spalten von etwa einem Zentimeter aufwiesen, am Boden und an allen vier Wänden, zum Dach hin waren es eher 10-15 Zentimeter, sollte ich ebenso erwähnen, wie das Nichtvorhandensein von Moskitonetzen.
Wir richteten uns ein, so gut wir konnten und gingen am späten Nachmittag runter an den Fluss. Hier konnten wir die ersten Cichliden, Salmler und Saugwelse entdecken.
Am nächsten Morgen ging es mit einem Kanu den Fluss hoch. Gleich hinter der ersten -flussbiegung sahen wir das erste Goldgräberfloß. Einige zusammengebundene Kunststofftonnen, darüber eine benzinbetriebene Pumpe und ein Ablaufsieb, fertig war das primitive Gerät. Ähnliche, aber weitaus größere Konstruktionen kamen uns vor 5 Jahren am Río Atabapo im Grenzgebiet Kolumbien/Venezuela entgegen. Beim feinsandigen Untergrund des Atabapo mag das Sinn machen, der Río Ichó war voller Kiesel. Zumindest wurde hier (noch) nicht mit Quecksilber gearbeitet, aber diese Eigenbau-Schürfgeräte machen einen Höllenlärm und Öl der alten Motoren gelangt mit Sicherheit ins Wasser. Unter Wasser sahen wir gleich Geophagus pellegrini, Andinoacara biseriatus, wenige Mesoheros atromaculatus und noch weniger Kronoheros umbriferus, aber alle 4 bekannten Arten des Chocó-Systems kommen dort im Río Ichó vor. Caquateia kraussii findet sich erst im Unterlauf des Río Atrato, daher durften wir hier auch keine Tiere dieser Art erwarten. Viele verschiedene Salmler und kaum Lebendgebärende runden das Bild ab. Am Bodengrund und in den Steinspalten leben große Chaetostoma und Ancistrus. Die Sturisoma und Spatuloricaria saßen oft am Boden, auf und zwischen den Kieseln. Im Gegensatz zu den flinken Chaetostoma und Ancistrus ließen sie sich relativ leicht fangen, jedoch waren es nur große Tiere, die wir erwischten. Ebenso sahen wir Pimelodus- Welse und Hemiloricaria. Der häufigste Fisch freilich war „Bocachico“, Prochilodus magdalenae. Diese Salmler werden bis zu 50 cm lang, schmecken hervorragend und machen bis zu 80% der gefangenen Biomasse der Fischer aus. Wir sahen eine ganze Truppe Dorfbewohner mit einen vielleicht 50-80 m langen Stellnetz. Männer und Frauen halfen alle mit, das Stellnetz enger zu legen. Die dort eingeschlossenen Tiere werden dann mittels Wurfnetz gefangen. Wir sahen ein ganzes Kanu voller Prochilodus und überzeugten uns, dass kein einziger Cichlide dabei war. Wir waren den ganzen Tag am Fluss, bei einigen kleineren Zuflussbächen und konnten neben vielen Welsen zumindest einige kleine G. pellegrini erwischen. Brutpflegende Paare hatten wir den ganzen Tag nicht gesehen, leider. Vielleicht waren wir in der falschen Zeit unterwegs, Guillermo berichtete mir, dass der Fluss im November rund 3 m höher war, weil es ständig regnete und das Hochwasser bis weit in den Dezember hin anhielt. Apropos Regen, während unserer gesamten Zeit im Chocó regnete es jede Nacht und tagsüber bis auf eine Ausnahme ebenfalls, obwohl wir definitiv in der Trockenzeit unterwegs waren. Alle Flüsse hatten niedrige Wasserstände, jedoch variierten diese schon mal so +/-30 cm von einem Tag zum anderen. Wir kehrten zurück nach San Francisco, hungrig und müde. Wie heute schon beim Frühstück, nahmen wir das Abendessen im Wohnzimmer von Guillermo ein. Seine Frau Socorro versorgte uns hervorragend. Das, was wir in Tutunendo am Vortag noch schnell einkauften, bereitete sie für uns zu. Überhaupt fühlten wir uns nicht wie Gäste, sondern wie Familienmitglieder. Wenigstens die Hälfte der Dorfbewohner erkannte Carlos wieder und da wir Carlos‘ Freunde waren, wurde wir ebenso herzlich begrüßt und aufgenommen. Wir hatten dort nie das Gefühl des Unwohlseins und die Dorfbewohner schienen mit dem wenigen, was sie hatten, ein zufriedenes Leben zu führen. Auf jeden Fall sorgloser als die gehetzten, getriebenen Smartphone „addicts“ der Industrienationen. Wir bewegten uns im Haus Gamboa, als wären wir schon immer dagewesen. Die Toilette befand sich rechts der Küche, abgetrennt mit einem Vorhang. Zur Spülung diente ein großer Eimer und ein Schöpfbecher. Wie fast jede Nacht gingen wir kurz nach 20.00 Uhr ins Bett und wurden von lauten Hähnen noch vor der Morgendämmerung aufgeweckt.
Am nächsten Tag fuhren wir mit einem Kanu erneut den Rio Ichó hoch. Wir sahen die gleichen Fische wie am Vortag und konnten wenigstens Jungtiere von A. biseriatus eintüten. Aus einem hohlen, etwa zwei Meter langen Baumstamm, der uns beim Fischen im Weg lag, schoss ein etwa 22 cm langer Ancistrus hervor und genau in das Netz. Mühsam schüttelte ich etwa 120-150 Welslarven aus dem Baumstamm, es waren zwei verschiedene Gelege, denn der kleinere Teil hatte den Dottersack schon nahezu aufgezehrt, während die Mehrheit noch richtig orange gefärbt war, mit vollem Dottersack. Ich habe mit Sicherheit nicht alle Larven aus dem Baumstamm gebracht, daher entließen wir das brutpflegende Männchen wieder in den Fluss, nachdem ich den Baumstamm so gut wie möglich an die ursprüngliche Position gesetzt hatte. Ansonsten auch heute wieder keine brutpflegenden Cichliden, wenigstens gelangen ein paar Unterwasserfotos und -videos von den dort lebenden Buntbarschen. Ein Ziel dieser Reise war es, die gleiche Form von Kronoheros umbriferus mitzubringen, die Uwe Werner et al. dort 1992 fingen. Auch sie konnten keine brutpflegenden Tiere sehen und auch keine größeren Tiere. Wir sahen zumindest ein paar wenige, größere Tiere, konnten dafür aber keine kleinen fangen. Überhaupt scheint sich K. umbriferus in der Gegend recht rar zu machen. Guillermo erzählte uns, dass er vor etwa 10-11 Jahren zum letzten Mal ein wirklich großes Tier mit etwa 55-60 cm und rund 3,5 kg gefangen hatte, seitdem nur noch viel Kleinere mit nur 25-35 cm.

Am nächsten Tag wollten wir weiter in den Chocó hineinfahren, genauer gesagt, nach Istmina oder Tado. Dort, wo unweit der Río San Juan, der Río Quito und der Río Atrato fließen, sprich die Wasserscheide zwischen Flüssen, die zum Pazifik, bzw. zum Atlantik entwässern. Und all das auf etwa 200 m Höhe über dem Meer. Wir fuhren über Tutunendo nach Quibdó. Die Bezirkshauptstadt erwies sich als relativ hässlich, chaotisch und zusammengeschachtelt. Wir mussten quer durch und stellten fest, dass manche Straßen nur eine betonierte Fahrbahn hatten, während die andere als Schotterpiste 20 cm tiefer lag und von keinem Fahrzeug benutzt werden konnte. Ob hier das Geld ausging, um die Straße fertigzustellen oder einfach keiner ein Interesse an der Fertigstellung hatte, ließ sich nicht feststellen. Viele Häuser waren ebenfalls dem Verfall preisgegeben, der mächtige Río Atrato erwies sich als recht verschmutzt. Permanent trieben Kunststofffolien und -flaschen flussabwärts, hin und wieder schwammen größere Ölpfützen an der Oberfläche. Durch die Stadt mit etwa 150.000 Einwohnern kamen wir trotzdem relativ zügig, was bestimmt nicht an der schlechten Qualität der Straßen lag, sondern vermutlich daran, dass wir nur an zwei oder drei Ampeln halten mussten, recht viel mehr gab es auch nicht.
Unser Ziel war die Ansiedlung Pie de Pepe, bzw. der Río Pepe, da dieser ein Zufluss zum Río Baudó ist. Nur im System des Río Baudó kommt ein Buntbarsch vor, der seit seiner Erstbeschreibung 1960 durch den Schweden Georg Dahl nie wieder lebend aufgetaucht ist, bzw. existiert nicht einmal ein Foto eines lebenden oder frisch gefangenen Tieres. Nur das Foto des konservierten Exemplars liegt vor, das K. VanSneidern schon im September 1945 gesammelt hatte. Es dauerte rund 15 Jahre für die Erstbeschreibung durch Dahl. Unter dem Kürzel ICNMHN 95 ist der Holotypus im Field Museum of Natural History, Chicago hinterlegt. Stalsberg erwähnt Chocoheros microlepis nicht in seinem Bericht beim Río Pepe, während Stawikowski und Werner schreiben, dass „ Stalsberg in einem Baudó-Zufluss beim Schnorcheln silbrige Buntbarsche beobachtete, die sich seinen Fangversuchen geschickt entzogen“. Erwähnt als persönliche Mitteilung. Werner et al. fuhren 1992 auch nach Pie de Pepe und finden dort im Fluss Mesoheros atromaculatus. Über Chocoheros microlepis finde ich keine Angabe. Kullander bestätigte 1986 die Erstbeschreibung und war auch 2003 mit Chocoheros microlepis beschäftigt.

Wir planten als Station Tado ein, weil es gut in der Nähe von mehreren Flüssen liegt und uns in Istmina keine geeignete Unterkunft in den Sinn kam. Unser anvisiertes Hotel Macondo lag gleich links hinter der Brücke über den Rio San Juan und knapp 100 m von der Polizeistation entfernt. Wir parkten unseren weißen Geländewagen zwischen Hotel und Polizei auf dem Marktplatz und begaben uns zum Hotel. Dort mussten wir durch zwei vergitterte Tore hindurch, bis wir zur „Rezeption“ im ersten Stock kamen. Wir klärten die Preise ab und räumten das Auto aus. Im Nachhinein war dies vermutlich unser einziger Fehler, den wir machten. Wir waren zur falschen Zeit am falschen Ort! Man beobachtete uns bereits, bevor wir aus dem Auto stiegen. Carlos‘ dunkler Bart hätte vielleicht gerade noch gepasst, aber seine dünnen Gliedmaßen war genauso weiß wie wir beide. Drei Bleichgesichter nur unter Afrokolumbianern fielen sofort auf, dazu der perlweiße Geländewagen, drei Hartschalenkoffer, zwei Styroporboxen und weiteres Gepäck. Was gut angedacht war, die Nähe zur Polizei, erwies sich letztendlich als fehlerhaft, denn wir, mitten auf dem Marktplatz, wurden von allen beobachtet, ohne dass wir es merkten. Vielleicht hätte es ein anderes Hotel außerhalb gegeben. Vielleicht wäre Istmina die bessere Alternative gewesen. Hätte, hätte…Fahrradkette. Als wir alles nach oben geschafft hatten, kam einer der Einheimischen zum Hotelbesitzer und unterhielt sich mit ihm. Wir fanden heraus, dass er dem Besitzer mitteilte, dass wir beobachtet wurden und per Telefon die Ankunft von drei Weißen erbreitet wurde. Man sollte wissen, dass wir uns hier in einer heißen und komplizierten Gegend befanden. „Al sur de Quibdó es muy caliente y complicado“, das sagte man uns bereits in San Francisco, jetzt durften wir es miterleben. Dort gibt es Paramilitärs, sprich Söldner, Reste der ELN Guerilla, die FARC dagegen ist so gut wie verschwunden, die ELN als Nummer 2 allerdings nicht und allerhand Leute, die im Drogengeschäft stecken. Man legte uns nahe, morgen weiterzufahren. Um sich zu vergewissern, fragten wir bei der Polizei nach, was dort den Comandante selbst veranlasste, uns mitzuteilen, dass wir hier in Tado, in seinem Einflussbereich absolut sicher seien. Wenn wir aber meinten, alleine hier durch die Gegend zu fahren, um in irgendwelchen Bächen oder Flüssen nach „Mojarras“ (= Cichliden) suchen zu müssen, dann sei das außerhalb seines Verantwortungsbereichs und er können nichts für uns tun. Kurzum, es wurde uns hier zu heiß. Wir packten unsere Sachen zusammen und fuhren zunächst nach Quibdó, zum Verschnaufen und Nachdenken.

Ein paar Worte zu den Begriffen Paramilitärs und Guerilla. Die linksgerichteten Guerillagruppen kämpfen aus politischer Überzeugung gegen das kolumbianische Militär. Die rechtsgerichteten Paramilitärs sind bezahlte Söldner und stehen im Konflikt mit den Guerillagruppen. Beide Parteien jedoch verüben Anschläge auf die zivile Bevölkerung und verletzen die Menschenrechte. Paramilitärs werden von Teilen des kolumbianischen Militärs geduldet und zum Teil sogar unterstützt. Nachgewiesen wurde auch eine direkte Unterstützung durch transnationale Unternehmen, wie z.B. Chiquita. Es besteht der Verdacht, dass andere internationale Unternehmen wegen ihres Interesses an Kolumbien für Bodenschätze, Erdöl, Plantagen, etc. ebenfalls die Paramilitär unterstützen, damit diese sich für die Unternehmenspläne stark machen. Nicht nur Gerüchten zufolge wurde so manches Dorf dem Erdboden gleichgemacht, wenn dort ein berechtigtes Interesse an der industriellen Ausbeutung der Bodenschätze (Nickel, Silber, Gold, Platin, etc.) bestand.

In Quibdó parkten wir unseren auffälligen, weißen Mietwagen gegenüber der Kathedrale und marschierten zum befestigten Ufer der Río Atrato, der hier, mehr als 400 km vor der Mündung bereits zu einem recht ansehnlichen Strom angeschwollen war und permanent Kunststofffolien und- flaschen flussabwärts transportierte. Die wenigen armseligen Hütten auf der gegenüberliegenden Seite machten keinen schönen Eindruck, lange, schmale Motorboote dienten als Fährverbindung für Passagiere und meistens Lebensmittel. Ein paar Fische wurden angeboten, meist Prochilodus, hin und wieder war ein großer Messerfisch und Saugwels auch in den Körben. Cichliden sahen wir hier keinen einzigen.
Nach reiflicher Überlegung beschlossen wir, nach Tutunendo zurückzufahren und uns dort einzuquartieren, immerhin waren wir bisher nur im Río Ichó und nicht im Río Tutunendo. Wir quartierten uns ein, diesmal hatte jeder ein eigenes Zimmer mit Dusche (kalt natürlich) und gingen zum Río Tutunendo runter. Von Vorteil war auch hier, dass es kaum 100 m bis zum Fluss waren, welcher heute relativ trüb war. Für den nächsten Tag planten wir wieder mit einem Kanu den Fluss hochzufahren. Am nächsten Morgen ging es los. Das Frühstück war keiner Erwähnung wert, wie gut hatten wir es bei Socorro, Guillermo’s Frau. Wir sahen unter Wasser exakt die gleichen Fische wie im Río Ichó, es hätte uns auch sehr gewundert, hier etwas anderes zu finden. Da der Río Tutunendo gefühlt mehr große Steine beherbergte als der überwiegend von Kieseln gekennzeichnete Río Ichó glaubten wir, mehr. K. umbriferus und M. atromaculatus, dafür weniger G. pellegrini und A. biseriatus unter Wasser zu bemerken. Mühsam gelang es uns mit dem Wurfnetz, welches wir um größere Steine legten, K. umbriferus und große Chaetostoma zu erbeuten. Beide Arten waren zu groß für den Transport, nach entsprechendem Fotoshooting wurden sie weiterverarbeitet zum Abendessen. Auch hier sahen wir einen ganzen Tag lang am Fluss und an kleineren Zulaufbächen nicht ein brutpflegendes Cichlidenpaar. Die fantastische Naturkulisse, wir waren quasi alleine mitten im tropischen Regenwald, war nur ein geringer Trost für das fehlende Erfolgserlebnis. In Tutunendo selbst war den ganzen Sonntag lang Fiesta am Fluss, es ging bereits um 5 Uhr morgens los, dass wir mit lauter Musik beschallt wurden. Zum Glück fiel gegen 7 Uhr der Strom aus und es war zwar ein lebhafter, aber doch ruhiger Tag in Tutunendo, welches mit Tagesausflüglern aus Quibdó überfüllt war. Ich ging abends zum Río Tutunendo runter, um Wasser für den Wasserwechsel zu holen und - sage und staune - die Leute nahmen den meisten Müll wieder mit, am Kiesufer sah es recht ordentlich aus. Freilich quollen 100 m entfernt im Dorf die wenigen Abfalleimer komplett über. Zumindest gelangten aber so keine Kunststoffflaschen, Getränkedosen oder Glasflaschen ins Wasser.
Deshalb ging es am nächsten Tag raus aus dem Chocó, zurück in den Distrikt Antioquia. Jedem grauste vor der Fahrt, wir wussten nicht, was dieses Mal auf uns zukommen wird und hofften, es an einem kompletten Tag bis nach Medellín zu schaffen, um Tags darauf im Gebiet von Guatapé/San Rafael fischen zu können. Nach einem weiteren kargen Frühstück fuhren wir gegen 8.00 Uhr morgens los, kamen durch ein Nebelgebiet, welches den Chocó gespenstisch erscheinen ließ und konnten uns relativ gut etwa 3h lang Richtung Ciudad Bolívar bewegen, bis auf einmal nichts mehr ging. Ein am selbigen Morgen erfolgter Erdrutsch machte die Straße auf etwa 200-250 m Länge unpassierbar. Permanent fuhren leere Muldenkipper links an uns vorbei und kamen bald wieder voll beladen zurück. Gute 3h dauerte diesmal der unfreiwillige Stop und an eine Weiterfahrt bis nach Medellín war nicht mehre zu denken. Aber am frühen Nachmittag waren wir raus aus dem Chocó, die Sonne schien auf 2000 m Höhe bei angenehmen 26°C. Wir waren zurück in der Zivilisation, mit wenigen Cichliden und Welsen. Viel weniger als wir gedacht hatten. Unsere Reise war noch lange nicht vorbei, es war erst etwa Halbzeit.

Fazit:
Aquaristisch gesehen war diese Reise schon etwas enttäuschend, da wir weder die „Chocó“ Kronoheros umbriferus in passender Größe noch Chocoheros microlepis fangen konnten. Aber Kolumbien ist eben nicht Mexiko! Andererseits haben wir gerade im Chocó viele einmalige persönliche Erfahrungen gemacht, die uns niemand nehmen kann und die wir nie vergessen werden. Die Leute in Ichó und Tutunendo waren äußerst zuvorkommend und freundlich. Zufrieden mit dem wenigen, was sie haben, zeigten sie uns, dass unser Leben mit Sicherheit auch nicht glücklicher macht als deren einfaches Leben in einer der regenreichsten Regionen dieser Erde. Wer meint, es auch mit dem Chocó versuchen zu müssen, nur zu, genug Erfahrungen und Anregungen finden sich bestimmt in meinem Bericht. Wir sind gerne bereit, weitere Versuche mit unseren Ratschlägen zu unterstützen.

Dank:
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei meiner Familie für das Verständnis, so eine Reise zu unternehmen. Bald werden es 30 Jahre, dass ich so etwas mache.
Herzlichen Dank folgenden Personen, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Reise geholfen haben: Angela Acuña, Arturo Benitez, Heiko Bleher, Christian Brauneis, Roman Burkhardt, Albert und Nancy Folger, Guillermo Gamboa, Michael Harth, Oliver Lucanus, Alf Stalsberg, Johannes Templer und Uwe Werner. Carlos Orozco, muchísimas gracias. Listo…como siempre!
Ferner bedanke ich mich bei den Firmen JBL, Sera und Tetra für die großzügige Unterstützung mit Ausrüstung und Zubehör.
Michael Pilack, als Freund und Reisebegleiter genießt Du mein vollstes Vertrauen.
Hasta luego!

Literaturnachweis:
Javier A. Maldonado-Ocampo et al.: Peces Dulceacuícolas Del Chocó Biogeograficó de Colombia @ WWF Colombia 2012
Hans-J. Mailand: Cichliden; Landbuch 1995
Alf Stalsberg: Collecting in South America, http://www.lem.net/alf/colombia-eng.htm
Stawikowski & Werner: Die Buntbarsche Amerikas Band 1, Ulmer 1998
Stawikowski & Werner: Die Buntbarsche der neuen Welt, Südamerika, Kernen 1988
Uwe Werner: “Cichlasoma” umbriferum, Meek & Hildebrand, 1913 und sein Formenkreis, Aquaristik Fachmagazin August/September 2007
Wikipedia: Paramilitarismo en Colombia, https://es.wikipedia.org/wiki/Paramilitarismo_en_Colombia


© Peter Buchhauser