Cichlidenbiotope in Südmexiko (DCG-Information, 02/2000)

"...14-tägige Rundfahrt mit mehr als 5.000 km..."Peter Buchhauser

Im Februar 1999 machten wir uns wieder einmal auf den Weg nach Südmexiko. Wir, das sind Frank Angermann aus Nordhorn, mit dem ich bereits 1992 und 1995 in Belize, Mexiko und Guatemala unterwegs war, um Cichliden zu beobachten und zu fangen sowie Jochen Grad und Manfred Hinzmann aus dem Allgäu, langjährige Bekannte von mir, begeisterte Cichliden-Fans und ebenfalls reiseerfahren in diesem Gebiet. Unser Ziel war es, möglichst viele bekannte und unbekannte Biotope zu untersuchen hinsichtlich dem Vorkommen von Cichliden und der Veränderung gegenüber früheren Reisen, was in erster Linie eine Beobachtung auf Umweltzerstörung und Faunenverfälschung durch ausgesetzte afrikanische ?Tilapia-Verwandte? betraf.
Wir starteten von Cancun aus eine 14-tägige Rundfahrt durch Südostmexiko und spulten immerhin mehr als 5.000 km in diesem Zeitraum ab, ohne die Tour in Streß und Hektik ausarten zu lassen. Der nachfolgende Bericht soll in knapper sachlicher Form unsere Eindrücke wiedergeben, obwohl diese viel intensiver und bewegender waren als die nüchternen Tatsachen.

  • Laguna Noh (von Cancun aus etwa 2/3 der Strecke nach Chetumal):
    Klar und sauber mit sehr hohem Wasserstand, viele Thorichthys und Vieja, nicht gefischt.
  • Laguna Bacalar (bei Chetumal an der Grenze zu Belize):
    Bei Hotel „La Laguna“ klar, sauber mit hohem Fischbestand wie immer. V. spec. aff. synspilus (melanura ???, ich bin noch immer der Meinung, daß diese Viejas zumindest eine Übergangsform oder eine ganz atypische Standortvariante darstellen, die sich durch Isolation gebildet hat. Gerne kannst Du hierzu Fotos haben, die Tiere haben die melanura-übliche schwarze Fleckung im Rückenbereich und 1999 konnten wir Jungfische von Elternteilen mit vielen Glanzpunkten mitnehmen. Diese waren 1994 nicht anzutreffen.) in Massen, wenige „C.“ salvini einer extrem langgestreckten Form, wenige A. spilurus, wenige „C.“ urophthalmus, wenige P. splendida, überall brutpflegende Th. affine (affine lt. Aussage Angermann, Buchhauser, Fotourteil Breidohr, etc.), keine Tilapien, ferner Grundeln, Kiemenschlitzaale, Lebendgebärende, Belonesox, Astyanax.
    Die großen schwarzen Pimelodiden von 1994 und 1995 haben wir selbst an insgesamt 3 Tagen mit Nachtbeobachtungen nicht mehr feststellen können. Diese Welse werden rund 40 cm lang, sind samtschwarz und Bewohner des freien Wassers, weitere Vorkommensgebiete mindestens 3 Cenotes zwischen Playa del Carmen und Tulum an der Karibikküste. Wir haben 1995 ein kleines Exemplar importiert, welches leider nach 4 Wochen von meinem „großen Grünen“-Mann verspeist wurde. (Nur nebenbei: In einer Lagune bei Coba gibt es neben vielen Tilapien und urophthalmus eine seltsam gefärbte Vieja-Form, welche mitunter starke Blautöne aufweist, wie der Formenkreis um guttulata, zonata. Kennt jemand diese Tiere, es ist ungewöhnlich, so weit oben auf Yucatan.)
  • Cenote Azul direkt neben der Lagune von Bacalar:
    Massen von Vieja synspilus, wenige salvini, urophthalmus, große Thorichthys mit gelbem Bauch (affine?, Foto eines erwachsenen Tieres mit Gelbfärbung vorhanden), Grundeln, Salmler, Lebendgebärende, keine Tilapien.

  • Badeanstalt Palmar (= Zufluß zum Rio Hondo, nur 200 m lang bis Mündung, entspringt einfach aus Felsen):
    Glasklar mit octofasciata, salvini, spec. synspilus, friedrichsthalii, P. splendida, letzterer in der roten Morphe mit über 40 cm Gesamtlänge, meeki, keine Tilapien. Ein kleines, aber feines Traumbiotop.


  • Rio Candelaria (bei Überquerung von Escarcega Richtung Villahermosa):
    sauber und relativ klar mit Viejas und Thorichthys, nicht gefischt, keine weiteren Aussagen möglich

  • Rio San Antonio (I, II und III = Rio Mamantel bei uns Aquarianern):
    optisch sauber und relativ klar mit bifasciata, octofasciata, helleri, salvini, Salmler und Lebengebärenden, keine Tilapien gesehen.


  • Rio Chacamax (= Rio Notutun bei Palenque, am Balneario und flußaufwärts hinter der Brücke):
    wie immer sauber und glasklar, viele helleri und bifasciata, wenige lentiginosus und intermedius, ganz selten salvini, keine coeruleus gefunden, dafür rund 35 cm lange Knochenhechte, die im Trupp von 8-10 Tieren beim Balneario jagten.


  • Rio Palenque (?, kleiner Fluß links auf dem Weg zu den Ruinas):
    Typische Trübung durch Pflanzenschutzmittel, einzelne bifasciata und helleri, ein Fluß mit optisch sichtbarer Belastung, welche aber nach meinen Beobachtungen der Jahre 92, 94, 96 und 99 nur saisonal bedingt ist.


  • Rio Chancala (bei Ortschaft Chancala, ca. 30-35 km von Palenque Richtung Guatemala):
    Dto. wie Rio Palenque, es werden unterhalb der Brücke wie gewohnt die Lkws gewaschen, Öl und Fäkalien eingeleitet, salvini, helleri, intermedius gefangen, keine Tilapien.


  • Rio Chocolja (= Rio Corzo, flußabwärts der Brücke, ca. 10 km hinter Chancala):
    Unterhalb Brücke, bei Stromschnellen, sauber und klar wie gewohnt, irregulare, nourissati, intermedius, lentiginosus, Thor. spec. , keine Tilapien.


  • Agua Azul (= Rio Bascan, bei den Kaskaden ):
    Unterhalb der Kaskaden gibt es mittlerweile große Tilapien, die in den Restaurants weiter oben verkauft werden, beobachtet Dez. 1996. Vermutlich wurden die Tiere dort speziell für die Restaurants ausgesetzt, in bereits eßbarer Größe.


  • Rio Tulija (Oberlauf auf dem Weg Richtung Kaskaden von Agua Azul): ungewöhnlich klar und sauber, omonti (ganze Trupps von großen Tieren), salvini, socolofi, intermedius, spec. bifasciata, coeruleus, lentginosus, keine Tilapien.

  • Rio Mizol-Ha (halber Weg zwischen Palenque und Agua Azul):
    Beobachtet oberhalb der Kaskaden, mit Schaumflocken, schmutzig und trüb durch Auswaschungen der Maisbepflanzungen beiderseits der Ufer, bifasciata, socolofi, nicht gefischt, da wirklich nicht einladend. Dieser kleine Fluß stirbt allmählich!


  • Rio Palizada (Richtung Golf von Mexiko, bei Ortschaft Palizada):
    Am Fischmarkt splendida, Tilapien, Viejas und managuense, trüb wie alle größeren Flüsse (Usumacinta, Grijalva, Tulija, Coatzacoalcos in den jeweiligen Unterläufen)


  • Frontera-Region ( ca. 6 km vom Meer landeinwärts):
    Traumbiotop mit Schwarzwasser, welches aber trotz Mangroven und Meernähe nur ganz schwach salzig schmeckt, unbestimmte Viejas, meeki, urophthalmus, octofasciata, herrliche Mollys, Grundeln und Krebse. Alle Fische dunkel bis schwarz gefärbt (ein Foto von einem fast schwarzen meeki existiert), färben aber im Aquarium wieder völlig normal. Keine Tilapien.



  • Rio Lacan-Ha (Grenzgebiet zu Guatemala, nahe den Ruinen von Bonampag, bei den Kaskaden):
    Nicht ganz sauber, viel Wasser, durch die „Autobahn“ nach Bonampak und Yaxchilan große Besucherströme in diese Region und entsprechend zunehmende Umweltverschmutzung. Mittlerweile kommt man von Palenque zum Lacan-Ha in 2 Stunden trotz 4 Militärkontrollen, 1992 haben wir noch fast 5 Stunden benötigt. Pearsei, Petenia, lentginosus, irregulare und intermedius. Keine Tilapien.


  • Laguna Catazaja (mit Einzugsgebiet von Punta Arena bis Cujo Alvaro Obregon, alles in den Rio Usumacinta entwässernd):
    Es gibt mittlerweile in fast allen Viehtränken auf dem Weg nach Cujo 1,5 bis 2 m lange Krokodile, welche laut Aussage von Anwohnern jedesmal nach großen Überschwemmungen in den Tümpeln zurückbleiben, kommen wahrscheinlich über den Usumacinta. Spec. aff. bifasciata (habe ich Uwe mal 1993 geschickt, die großen spitzköpfigen mit den roten Flossen, aber ohne roten Kopf), managuense, Petenia, robertsoni, helleri, pasione, Thor. spec. „amarillo“ (gelbe Tiere mit Querstreifung, vermutlich aus helleri-Kreis, kommen aber syntop mit normalen helleris vor, viele Rhamdias. Teilweise mit Ölflecken auf der Oberfläche. Erstaunlicherweise keine Tilapien.


  • Rio Jaltepec (Isthmus Gegend, zum Coatzacoalcos entwässernd):
    Wenig Wasser, dafür um so stärkere Strömung, nicht sehr sauber, Schaumbildung in Ufer- und ruhigeren Zonen. Bulleri, regani, Vieja spec. „Coatzacoalcos“, sehr wenig Fische insgesamt. Keine Tilapien.


  • Rio Malatengo (gleiches Gebiet, bei Brücke Richtung Matias Romero):
    Trüb, mit aus den umliegenden Maisfeldern ausgewaschener Erde, nicht gefischt, nichts gesehen.


  • Rio Ajal (gleiches Gebiet, kleiner Fluß neben der Hauptstraße Richtung Almoloya):
    Leicht eingetrübt, bulleri, Vieja spec. „Coatzacoalcos, callolepis, keine regani.


  • Rio Almoloya (bei Ortschaft Almoloya):
    Bei uns tot, überall Maisfelder, kaum Wasser, typisch leichte unnatürliche Eintrübung, nur Lebendgebärende, kein einziger Cichlide. Achtung: Heiner hat im April 99 wieder Cichliden dort gesehen, nur sehr wenige, Flußzustand unverändert.


  • Rio Junapan (bei Ortschaft Junapan):
    Klar, sauber, schnellfließend, viele Cichliden, bulleri, regani, Vieja spec. „Coatzacoalcos“, keine Tilapien.


  • Rio Niltepec (zum Pazifik entwässernd, bei Ortschaft Niltepec):
    Jämmerlich, ein Rinnsal, vollkommen mit Algen übersät, beim Fischen jucken und beißen Beine und Hände, wir bekommen leichten roten Ausschlag, trotzdem waschen die Anwohner im Restwasser ihre Wäsche, Pferde und Kuhmist im und am Wasser, Fäkaliengeruch, trimaculata, macracanthus und zonata, viele Lebendgebärende, keine Tilapien.


  • Rio Zanacatepec (rund 10 km hinter Niltepec):
    Der krasse Gegensatz zum Niltepec, glasklar, 30° C warm und Massen von Fischen, v.a. Unmengen von zonata, macracanthus, nur wenige trimaculata und diesen einen unbekannten Cichliden ,der eher einem Aequidens ähnelt als einem Mittelamerikaner.

Es ist erstaunlich, aber allgemein scheint es, daß in dieser Region der Bestand an Tilapien nicht zunimmt. Sicher gibt es in den großen, trüben Flüssen, die ich oben erwähnt habe, Unmengen von Tilapien, aber in den klaren Flüssen und in den kleineren Tümpeln und Viehtränken scheinen sich die Populationen nicht fest etablieren zu können. Gab es 1996 am Fischmarkt in Palenque nur noch Tilapien (an drei aufeinanderfolgenden Tagen beobachtet), nach immer geringer werdenden Anteilen einheimischer Buntbarsche (1992, 1994 beobachtet), so waren 1999 wieder viele Petenia, managuense, bifasciata, synspilus, urophthalmus und einzelne robertsoni vertreten, das Verhältnis Tilapien: einheimische Cichliden lag etwa bei 2:1 (anzahlbezogen, nicht auf Masse).

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© Peter Buchhauser